Im Blickpunkt 74. Bergische Kunstausstellung Große Hoffnung auf ein Stück Ausstellungs-Normalität

Solingen · Am 22. September wird im Kunstmuseum die 74. Internationale Kunstausstellung eröffnet. Die Preisverleihung muss Corona-bedingt allerdings intern stattfinden.

 Bilder von Max Hölter, dem Bergischen Kunstpreisträger 2020. Zu sehen im Solinger Kunstmuseum. Rechts unten das von der Jury prämierte Bild: Dancing Clown“.   Fotos (4): Tesch

Bilder von Max Hölter, dem Bergischen Kunstpreisträger 2020. Zu sehen im Solinger Kunstmuseum. Rechts unten das von der Jury prämierte Bild: Dancing Clown“. Fotos (4): Tesch

Foto: Tesch

An Selbstbewusstsein scheint es dem diesjährigen Bergischen Kunstpreisträger Max Hölter nicht zu mangeln – und das zeigt sich nicht nur an dem Künstlernamen, den sich der in Düsseldorf lebende und arbeitende Maler gegeben hat: Max Pimpernelli. Oder, zusammen mit dem Dortmunder Steffen Mischke: Gebrüder Pimpernelli. Gegründet 2015, als Hölter und Mischke gemeinsam an der Düsseldorfer Kunstakademie in der Klasse von Prof. Andreas Schulze studiert hatten. Eine Ausstellung der Gebrüder Pimpanelli hieß: „Wortspiele und andere schlechte Witze“.

Schon 2019 hatte sich Max Hölter um den Bergischen Kunstpreis beworben, mit einer, wie man im Kunstmuseum hört, recht ungewöhnlichen Bewerbung. Den Kunstpreis erhielt er im vergangenen Jahr bekanntlich nicht, und so versuchte es Hölter in diesem Jahr erneut. Und diesmal überzeugte er die Jury mit seiner Malerei, so dass diese dem 30-Jährigen für sein Bild „dancing clown“ den mit 5000 Euro dotierten Kunstpreis der Essener National Bank AG verlieh – und das nach nur kurzer Diskussion einstimmig.

Dass auch die diesjährige Bewerbung recht ungewöhnlich war, davon berichtet Dr. Thomas Lange, Vorstandsvorsitzender der National Bank und Jurymitglied, in einem Text im Katalog der Ausstellung. Kaum eine Künstlerin oder Künstler hätte sich je so „radikal“ für den Kunstpreis beworben. „Auf einem weißen Blatt schrieb er mit einem stumpfen, hellbraunen Buntstift, fast krakelig und ohne Linienführung: Ich will ausstellen und, wenn es möglich ist, auch die Kohle. Und ich will einfach daran glauben, dass man auch noch nur mit Bildern überzeugen kann.“

 Die „Carnivoren“ von Johannes Leidenberger.

Die „Carnivoren“ von Johannes Leidenberger.

Foto: Tesch

Nun, das ist Max Hölter in der 74. Bergischen Kunstausstellung, die am 22. September eröffnet wird, in allen Punkten eindrucksvoll gelungen. „Seine Bildsprache ist geprägt von kontrastreicher Farbgebung und klarer Formensprache. Dabei stehen gestische, abstrakte Farbfelder neben detailreicher Figuration“, beschreibt Museumsdirektorin Gisela Elbracht-Iglhaut die Malerei des Preisträgers.

Die Bilderwand des Preisträgers im Kunstmuseum ist ein lautes, punkiges und wildes Statement. Das allerdings nicht den Grundton der diesjährigen Bergischen vorgibt. Denn es gibt Positionen zu bestaunen, die eher sehr bescheiden daherkommen. Eine erwartet den besucher bereits im ersten Saal: eine Soundinstallation von Philipp Valenta. Der Künstler hat bei einem Islandaufenthalt ökonomische Daten und Aktienkurse in musikalische Arrangements übersetzt. Bekanntlich nutzen große Rating-Agenturen Codes wie AAA, B- oder C+, daraus hat Valenta Musik-Akkorde geformt. „Das Publikum kann, mit einem Schlag stellvertretend für einen Monat, die komplette Rating-Historie der isländischen Wirtschaft als einen Lagerfeuersong für Gitarre erleben“, beschreibt Elina Norden „The Sound Of Finance“ im Katalog.

 Der Isolationstank von Till Bödeker, der an der Kunstakademie studiert.

Der Isolationstank von Till Bödeker, der an der Kunstakademie studiert.

Foto: Tesch

Mit der Auswahl des Künstlerduos Rojo & Kress ABC hat es die Jury geschafft, die neue Ausstellung an die Auflage von 2016 und eine durch Corona vorzeitig beendete Ausstellung im Kunstmuseum vom Frühjahr anzuküpfen. Es geht um David Czupryn, dessen Bilder wie Inszenierungen dreidimensionaler Installationen wirken. Rojo & Kress ABC stehen der Kunst des Bergischen Kunstpreisträgers von 2016 sehr nahe, doch anders als Czupryn bauen und malen Esperanza Rojo Bravo und Lennart Kress tatsächlich dreidimensionale Bildräume, die der Besucher umschreiten und hineinschauen kann. „Wir geben der Malerei einen Körper“, erklärt das Duo, dessen Werk „Brazil“ im unteren Saal für Wechselausstellungen zu sehen ist.

250 Bewerbungen von professionellen Künstlern mit Bezug zum Bergischen Land hat es in diesem Jahr gegeben. Aus ihnen hatte im Mai eine sechsköpfige Jury insgesamt 16 Positionen ausgewählt, die bis zum 1. November in den Sälen für Wechselausstellungen im Kunstmuseum zu sehen sind. Zur Jury gehörte: Dr. Thomas lange (Vorstandsvorsitzender der National bank AG, Essen), Gesa Hüwe (Kuratorische Assistenz im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf), Hans-Jürgen Lechtreck (Künstlerischer Koordinator im Museum Folkwang, Essen), die Künstlerin Claudia Mann (Düsseldorf), Andrea peters (Kuratorin der Sammlung Bayer, Leverkusen) sowie Hausherrin Gisela Elbracht-Iglhaut, Direktorin des Solinger Kunstmuseums. Die Bergische Kunstausstellung hat in jedem jahr aufs Neue den Anspruch, einen Einblick in das vielfältige Kunstschaffen der Region zu geben.

Noch ein Hinweis: Sollte dem Besucher im Museum ein junger Mann in Badehose begegnen, dann handelt es sich um den Künstler Till Bödeker, der sich im Rahmen einer Performance in den von ihm geschaffen und mit Salzwasser gefüllten Isolationstank „Think outside the Box“ legt. Auch das ist eben die Bergische Kunstausstellung: immer für eine Begegnung und Überraschung gut.

www.kunstmuseum-solingen.de

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