Solingen In der Treppenhausgalerie wird gehandelt

Solingen · Seit dem 1. März gibt es in der Treppenhausgalerie des LVR Industriemuseums in Merscheid die dritte Foto-Ausstellung zu sehen. Es sind Werke des Münchners Werner Bachmeier, die er im Auftrag des bayrischen Verdi-Bildungswerkes erstellt hat. So wundert es nicht, dass der Titel der Ausstellung mehrdeutig gewählt ist: "Menschen handeln". Sie handeln mit Waren, aber sie handeln auch gemeinsam, werden aktiv für ihre eigenen sozialen Interessen.

"Die Ausstellung zielt auf den Dienstleistungssektor ab", erklärt Museumsleiter Jochem Putsch, "aber es geht auch um das gewerkschaftliche Handeln." Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen führen dem Betrachter ausdrucksstark eine Welt vor Augen, von der die meisten nur eine oberflächliche Ahnung haben. Die Frau an der Kasse, die Verkäuferin im Modegeschäft, der Mann, der die Getränke ausliefert. Werner Bachmeier gewährt mit seinen Fotografien einen Blick hinter die Kulisse der Glitzerwelt Kaufhaus und macht so auf die Arbeitsbedingungen aufmerksam, die alles andere, als angenehm sind. Langes Stehen, schweres Heben und Zugluft gehören dazu. Es ist eine Arbeit, bei der die Bediensteten morgens Schuhgröße 39 und abends 41 haben.

Auf den Fotos werden Regale eingeräumt, wobei die ungesunde Körperhaltung nicht zu übersehen ist. Zeit ist eben Geld - bei der Kassiererin mit ihrem verbundenen Handgelenk genauso wie bei dem Angestellten, der hastig einen kleinen Imbiss am Arbeitsplatz zu sich nimmt, um keine Zeit zu verlieren. Aber die Ausstellung "Menschen handeln" zeigt eben auch den zweiten Bedeutungsschwerpunkt. Da sind die Schlecker-Frauen beim Protest zu sehen, Verdi-Mitarbeiter beim Streik. Das Aufstehen gegen schlechte Bezahlung und der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen bekommt bei Werner Bachmeier ein Gesicht. "Uns wird nichts geschenkt", heißt es in einem Bildkommentar, "deshalb werden auch in Zukunft Menschen handeln und kämpfen." Es gilt den Teufelskreis zu durchbrechen: Die Jagd nach Billigpreisen wegen Billiglohn wegen Billigpreisen . . .

Werner Bachmeier, der während seiner Ausbildung zum Elektromechaniker in den 70er Jahren durch die Gewerkschaft zur Fotografie gekommen ist, richtet seinen fotografischen Blick bereits seit 20 Jahren auf den Menschen in seiner Arbeitsumgebung und auf die damit verbundenen sozialen Konflikte und Auseinandersetzungen. "Die fotografische Spannung hat dabei für mich nie nachgelassen", schreibt er. Diese Spannung überträgt sich auch auf den Betrachter der Fotografien und regt in jedem Fall zur Auseinandersetzung mit der Arbeit und unserer Sicht dazu an. Die Ausstellung "Menschen handeln" wird noch bis zum 14. August in der Treppenhausgalerie des Industriemuseums gezeigt.

(RP)
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