Solingen Immer mehr Druck auf Kinder
Solingen · Acht Tage laufen die Anmeldungen jetzt. Schulen, aber auch Eltern sind darüber nicht glücklich: "Durch die Ablehnung an der Gesamtschule sind wir in der nächsten Woche doch nur zweite Wahl." Heute fokussiert sich alles aufs Abitur – auch diese Last spüren Grundschul-Viertklässler und Eltern.
Neues Verfahren – altes Leid mit Warteschlangen vor der Gesamtschule: Die Zweiklassengesellschaft mit den zu erwartenden hohen Gesamtschul-Ablehnungen auf der einen und dem Rest der Schullandschaft mit Real-, Hauptschulen und Gymnasien auf der anderen Seite bleibt, auch wenn sich die Anmeldungen der Grundschul-Viertklässler für die neuen Klassen 5 jetzt wie Kaugummi über acht Tage hinziehen.
Marko Voigt, Leiter des Humboldtgymnasiums befürchtet, dass nun noch mehr Druck auf den Eltern, aber auch auf den Kindern lastet. "Es ist schwierig für sie", sagt der Rektor gestern zum Auftakt der Anmeldungen, bei denen sein Gymnasium viel Zuspruch erhalten hat. Eltern mussten Geduld mitbringen, bis sie beim Anmeldegespräch an die Reihe kamen.
Gespannt auf die Anmeldezahlen
Voigt kann allerdings gut nachvollziehen, wie sich jene fühlen müssen, die erst Ende nächster Woche kommen, nachdem sie eine Gesamtschul-Ablehnung bekommen haben. "Das hat auf unsere Entscheidung keinen Einfluss; wir tragen nichts nach", sagt Humboldt-Rektor Voigt. Er ist gespannt, wie sich die Anmeldezahlen in den nächsten Tagen entwickeln. "Wir haben bisher keine Erfahrung. Deshalb müssen wir abwarten."
Klar ist dennoch: Gestern und heute laufen Gesamtschul-Anmeldungen. Anschließend haben diese schleunigst die Bescheide zu verschicken, die bis Mitte nächster Woche in den Briefkästen der Eltern stecken müssen.
"Wenn wir dann zu einer anderen Schule müssen, sind wir dort mit der Ablehnung an einer Gesamtschule doch erkennbar und nur zweite Wahl." Diese Befürchtung ist von Eltern auf dem Flur der Friedrich-Albert-Lange-Gesamtschule offen ausgesprochen worden. Wie in den Vorjahren haben sich viele Mütter und Väter in die Warteschlange eingereiht: mit großen Hoffnungen und bangen Erwartungen – und mit dem Wunsch, einen Platz fürs Kind zu bekommen.
Erwartungsvoll wartet auch Angelika Wiese mit ihrem Sohn Tim auf das Anmeldegespräch. Sie würde sich in jedem Fall das alte Anmeldeverfahren zurückwünschen. Ihr zehnjähriges Kind spielt im TSV Aufderhöhe Handball, soll in eine der beiden Sportklassen gehen. Doch die sind mit 60 Anmeldungen am Vormittag theoretisch schon ausgebucht. Auch für die vier Regelklassen liegen zu diesem Zeitpunkt bereits 70 Anmeldungen vor. Die neunjährige Fee soll ebenfalls in die Walder Sportklasse gehen. "Das macht Sinn. Sie ist Sport-verrückt", sagt Jürgen Albert über sein Kind. Um den Druck aus der Anmeldung herauszunehmen, sagt er sich selbst: Es wäre schön, wenn es funktionieren würde, aber es müsse nicht zwingend so sein.
Die Walder Gesamtschule hat traditionell hohe Anmeldezahlen. Für diese und die beiden anderen Solinger Gesamtschulen werden die Zahlen jedoch erst nach Toresschluss heute Abend bekanntgegeben, für die Real-, Hauptschulen und Gymnasien erst am Freitagabend nächster Woche, um die Eltern nicht noch mehr als ohnehin schon aufzuwühlen.
"Der Trend geht doch eindeutig zum Abitur", bedauert ein Vater die Entwicklung, die schon früh auf den bestmöglichen Schulabschluss fokussiert ist. Deshalb meldet er seinen neunjährigen Sohn am Gymnasium an; und auch er hofft, einen Platz zu bekommen. "Die Wirtschaft lebt es doch vor." Wo früher noch ein Haupt- oder Realschulabschluss für die Einstellung ausgereicht hat, wird nach seinen Worten heute das Abitur gefordert.
Glücklich sind die Schulen mit der in die Länge gezogenen Anmeldung jedenfalls nicht. In der Vergangenheit war es mit einem Termin erledigt; heute bedeutet es einen großen Organisationsaufwand über Tage. "Unsere Mediothek ist acht Tage lang geblockt", sagt Ulrike Schüller-Baschke, Lehrerin der Hauptschule Central. Ein einziger Groß-Anmeldetag bringt aus Sicht von Konrektorin Alexandra Ohler aber auch den Eltern sehr viel mehr. "Dann kommen alle zusammen, können sich kennenlernen."
