Industrie und Handel im Bergischen Große Sorge vor der Zukunft

Solingen · Die Konjunktur-Umfrage der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK) im Herbst 2022 lässt die Sorgenfalten der Unternehmen größer werden. Viele Unternehmen drücken die extrem hohen Energie- und Rohstoffpreise.

 Viele Unternehmen der Schneidwarenbranche sind laut Bergischer IHK derzeit in Kurzarbeit.

Viele Unternehmen der Schneidwarenbranche sind laut Bergischer IHK derzeit in Kurzarbeit.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Die Bergische Wirtschaft blickt in eine düstere Zukunft. Hohe Energie- und Rohstoffpreise, eine stark gestiegene Inflationsrate, die zu Konsumeinschränkungen führt, zudem die seit der Corona-Krise auftretenden und weiter bestehenden Störungen der internationalen Lieferketten lassen die Sorgenfalten der Unternehmen vor dem nahenden Winter immer größer werden. „Die Mehrheit der Unternehmen rechnet mit Gewinneinbußen“, sagte am Montag der Präsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK), Henner Pasch.

Die Konjunkturumfrage der IHK, an der sich im September 362 Unternehmen aus Solingen, Remscheid und Wuppertal mit 16.800 Beschäftigten beteiligten, sieht zwar im Ergebnis noch 30 Prozent der Betriebe mit einer guten Geschäftslage. Etwa ein Viertel der Unternehmen (24 Prozent) sieht die Geschäftslage aber als schlecht an. Im Vergleich zur Umfrage im Frühjahr sank somit der Lage-Index von damals 16 auf nur noch sechs Punkte.

Allerdings liegt der verringerte Lage-Index noch im Plusbereich. „Viele Firmen verfügen derzeit zwar noch über eine gute Auftragslage und verdienen auch noch Geld. Aber viele sprechen schon jetzt von einer düsteren Zukunft in 2023 und 2024“, sagte der IHK-Präsident bei der Vorstellung der Konjunktur-Umfrage. Fast jeder zweite Betrieb ist pessimistisch und befürchtet, dass sich seine Lage in den kommenden Monaten verschlechtern wird. Nur jedes zehnte Unternehmen geht von einer Verbesserung aus.

Henner Pasch, Präsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK).

Henner Pasch, Präsident der Bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK).

Foto: Guido Radtke

Nicht berücksichtigt ist in den von der Bergischen IHK vorgestellten Zahlen jedoch der von der Bundesregierung angekündigte „Doppelwumms“, der eine Preisdeckelung von Gas und Strom bringen soll. „Ein Ausblick bleibt aber trotz Entlastung und Kompensation schwierig“, sagte Henner Pasch.

Der Solinger Unternehmer sieht die einzelnen Branchen ohnehin unterschiedlich aufgestellt. „Es gibt einige Branchen, vor allem Markenunternehmen, die hohe Kosten an den Kunden weitergeben können. Andere wiederum können das nicht“, so der IHK-Präsident.

Zu den „schlimmsten Sorgenkindern“ in der Region zählt Henner Pasch derzeit den stationären Einzelhandel. Der wurde zunächst von der Corona-Krise stark gebeutelt, jetzt spüre die Branche die Konsumzurückhaltung der Verbraucher beziehungsweise Kunden. Denn die würden sich aktuell um hohe Abschlagszahlungen für Gas oder Strom sorgen und verzichten deshalb auf Einkäufe – Schuhe oder Textilien bleiben deshalb Ladenhüter. Nicht von ungefähr ist der Einzelhandel gegenwärtig der Wirtschaftszweig mit der schlechtesten Geschäftslage.

Lediglich 18 Prozent der befragten Unternehmen bezeichnet hier die Lage derzeit als gut, immerhin noch 45 Prozent mit befriedigend, aber schon 37 Prozent als schlecht. Auch der Ausblick auf die kommenden Monate ist pessimistisch. Elf Prozent der Einzelhändler sehen sich laut Bergischer IHK als „insolvenzgefährdet“ an.

Dagegen stehen die bergischen Großhändler aktuell besser da. Nur zwölf Prozent sehen ihre Geschäftslage als schlecht an, 23 beurteilen sie als gut, 65 als befriedigend. Auch in der Industrie läuft es noch einigermaßen. 35 Prozent sehen eine gute Geschäftslage, 39 Prozent gaben die Note befriedigend, 26 Prozent sprechen von einer schlechten Geschäftslage. „In der Schneidwaren-Industrie sind viele Betriebe derzeit in Kurzarbeit“, erklärte Henner Pasch. Der Grund ist klar – die Schneidwarenbranche gehört zu den konsumorientierten Wirtschaftszweigen und hat entsprechend mit der Kaufzurückhaltung der Verbraucher zu kämpfen.

Die aktuelle Geschäftslage wird in den drei bergischen Großstädten zudem unterschiedlich bewertet. Zurzeit sehen sie die Remscheider Unternehmen etwas negativer als die Wuppertaler und Solinger. Ursache sind die skeptischen Lageeinschätzungen des Verarbeitenden Gewerbes in Remscheid, unter anderem die Werkzeugindustrie.

Acht von zehn Befragten sehen die extrem hohen Energie- und Rohstoffpreise derzeit als größtes Risiko für die konjunkturelle Entwicklung an. Zumal die Energiekosten in Deutschland viel höher als in anderen Regionen sind. Darunter würde die internationale Wettbewerbsfähigkeit leiden. Henner Pasch: „In Corona-Zeiten hat man relativ schnell erkannt, dass der wirtschaftliche Abschwung doch nicht so schlimm wird. Jetzt aber besteht eine große Sorge vor der Zukunft. Licht am Ende des Tunnels ist nicht zu sehen.“

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