Hofschaftsmuseum „Am Busch“ Stadtgeschichte in den eigenen vier Wänden

Solingen · Seit 20 Jahren betreibt Regina Kotthaus-Heitzer im Haus der Familie das Hofschaftsmuseum „Am Busch“ – und gibt den Besuchern Einblicke in die Lebensverhältnisse vergangener Zeiten.

Ein Besuch im Solinger Hofschaftsmuseum „Am Busch“
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Ein Besuch im Solinger Hofschaftsmuseum „Am Busch“

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Foto: Meuter, Peter (pm)

Wenn sie ihre Gäste willkommen heißt, stellt Regina Kotthaus-Heitzer gerne die rhetorische Frage: „Wo ist denn jetzt das Museum ?“ Schließlich stehen die Besucher in diesem Moment meist am Gartenzaun, zwischen Wohnhaus und Garageneinfahrt. Doch genau an diesem Punkt beginnt für Kindergartenkinder, Schulklassen oder Seniorengruppen stets der Ausflug in die Geschichte – nicht die der berühmten Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur, sondern die der „normalen“ Menschen von nebenan.

Im „Hofschaftsmuseum Am Busch“ ist der Betrachter einfach mittendrin, nimmt Anteil am Alltagsleben vergangener Zeiten. Fotomotive gibt es auf dem leicht abschüssigen Grundstück am Buscher Feld mit Blick auf den Kirchturm Cronenberg viele. Da wären zum Beispiel der wuchtige alte Amboss und zahlreiche Werkzeuge, die bereits auf historischen Schwarz-weiß-Bildern zu erkennen sind. Oder die alte grüne Pumpe, mit der die Bewohner einst Wasser aus dem tiefen Brunnen holten. „Ich möchte den Menschen was an die Hand geben. Sie sollen begreifen, wie das Leben hier war“, erklärt Kotthaus-Heitzer.

Seit 1981 bewohnt sie das um 1750 erbaute Fachwerkhaus, im dem auch ihre Großeltern zuhause waren. In der umliegenden Hofschaft ist ihre Familie schon viel länger beheimatet. Seit 20 Jahren betreibt die Sozialpädagogin in ihren eigenen vier Wänden das „Hofschaftsmuseum“ – nachdem sie das Haus schon Jahre zuvor für Aktionen mit Schülern genutzt hatte.

Dass das Museum seinem Anspruch als pädagogische Spielstätte gerecht wird, verdeutlicht Kotthaus-Heitzer mit einem Beispiel: „Kürzlich waren Schüler auf einer Schnitzeljagd hier.“ Dabei hätten sie unter anderem die Frage beantworten müssen, was man im „Hofschaftsmuseum“ finde. „Die Kinder wussten es“, berichtet Kotthaus-Heitzer, „weil sie Jahre zuvor im Kindergartenalter hier waren.“ Auch bei alten Menschen, die Geräte und Gepflogenheiten noch in Erinnerung hatten, und auch bei Demenzgruppen zeigte ein Besuch bemerkenswerte Effekte, sagt die Gastgeberin.

Alte Fotos erinnern die Besucher an eine Welt, in der die Hausbewohner Nutztiere hielten, ehe sie die Selbstversorgung aufgaben. Vorbei an der ehemaligen Schmiede führt Kotthaus-Heitzer die Besucher durch den Garten zu einer Kellertreppe. Unten geht es hinein in ein weiß gestrichenes Gewölbe. Dort fröstelt es den Gast gleich ein wenig. „Das war mal der Kühlschrank“, berichtet die Pädagogin folgerichtig. Fleischwölfe und Blecheimer stehen hier. Eine steile Steintreppe führt hinein in die Wohnung. Wer im Flur um sich blickt, bemerkt schnell einige ausgestopfte Tiere. „Mein Ur-Großvater war Jäger“, erklärt Kotthaus-Heitzer.

Neben ihrem Hauptberuf richtet sie für jede Führung im Frühjahr und Sommer die gute Stube her und präsentiert den Gästen den historischen Herd, altes Geschirr und Dokumente – darunter ein drei Jahrhunderte altes Buch, das von Freud und Leid aus dem Leben seiner Verfasser kündet. Eine Karte der Bürgermeisterei Gräfrath aus dem Jahr 1830 hängt an der Wand – ebenso wie ein Schwarz-Weiß Foto der Hofschaft von 1900, das viele Geschichten erzählt: Die Hofgemeinschaft ist dort vor dem Fachwerkkomplex zu erkennen, davor liegt ein umgestürzter Baum. „Damals hatte es einen Wirbelsturm gegeben“, erzählt Kotthaus-Heitzer.

Überhaupt brachte die Hofschaft manche stürmische Zeiten hinter sich. Nach dem Bombardement auf die Solinger Innenstadt im Zweiten Weltkrieg habe die Familie viele obdachlos Gewordene in ihren Räumen aufgenommen, erzählte die Hausherrin. Ihrem Elternhaus mit seinen niedrigen Decken, Sprossenfenstern und rustikalen Holztüren drohte auch in Friedenszeiten Ungemach: Die aus heutiger Sicht skurrilen Autobahnpläne der 1960er Jahre sahen den Abriss des Hauses vor.

Doch es kam anders. Heute zeigt Kotthaus-Heitzer ihren Gästen viele Erinnerungen an die früheren Bewohner des Hofes – von der Pfeife des einstigen Hausherrn bis zu Stickereien der Frauen. Und auch manches Geheimnis warte auf die Gäste, betont die Pädagogin – was genau, verrät sie natürlich nicht. „Das mache ich erst bei den Führungen.“

Weitere Impressionen aus dem Hofschaftsmuseum als Bilderstrecke unter
www.rp-online.de/solingen

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