Solingen Hintergründe für versuchten Totschlag sind weiter unklar

Solingen · Die Befragung des Nebenklägers wurde für die Prozessbeteiligten zu einer echten Belastungsprobe: Mehrfach wiesen der Vorsitzende Richter am Wuppertaler Landgericht und die Verteidigerin des Angeklagten den 20-jährigen Solinger auf seine Wahrheitspflicht hin. Am 29. Oktober des vergangenen Jahres hatte der Mann bei einer Messerattacke in der Unterführung am Solinger Hauptbahnhof eine tiefe Stichwunde im Bauch erlitten. Der Angreifer, ein 50-jähriger Brühler, soll sein Opfer von Leverkusen bis nach Solingen verfolgt und bedroht haben.

Die Hintergründe der Tat, die in der Anklageschrift als versuchter Totschlag und gefährliche Körperverletzung bewertet wird, sind dabei genauso mysteriös wie das Verhältnis der beiden Männer. Die hatten sich bereits einige Monate zuvor kennengelernt. Nach Aussage des Nebenklägers habe der 50-Jährige ihn im vergangenen Sommer rasch zu einer Kurzreise nach Berlin eingeladen.

Dort habe ihn das aggressive Verhalten des Angeklagten in banalen Situationen abgestoßen, berichtete der Zeuge. Der Kontakt blieb dennoch erhalten: Sogar seinen Geburtstag feierte der Nebenkläger kurze Zeit später mit dem Angeklagten und besuchte ihn sogar in dessen Brühler Wohnung. Chat-Protokolle, die das Gericht dem jungen Mann vorhielt, legen zudem nahe, dass der 20-Jährige seinem älteren Bekannten mehrfach Drogen verkaufte.

Der Nebenkläger warf dem Angeklagten vor, diese Chat-Protokolle manipuliert zu haben. Nur einmal habe er dem 50-Jährigen zehn Gramm Cannabis verkauft. Als Gründe für den Angriff auf sein Leben äußerte er mehrere Theorien: So habe der Angeklagte darauf gedrängt, ihm mehr Rauschgift zu besorgen. Auch einen sexuellen Hintergrund brachte der Nebenkläger ins Spiel und mutmaßte, sein Angreifer habe sich von ihm abgewiesen gefühlt.

Erwiesen ist, dass der junge Auszubildende von seinem deutlich älteren Bekannten viele Geschenke erhielt, die er auch annahm. Darunter 1000 Euro in einem Briefumschlag, Konzertkarten und Gutscheine für ein Bekleidungsgeschäft.

Gleichzeitig habe ihm der 50-jährige Brühler immer wieder nachgestellt und ihn während der Solinger Lichternacht sogar auf offener Straße angegriffen, sagte der 20-Jährige vor Gericht. Das Verfahren wird fortgesetzt.

(rdl)
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