Interview Gisela Elbracht-Iglhaut „Ich arbeite seit 24 Jahren in diesem Haus“

Solingen · Gisela Elbracht-Iglhaut ist als Nachfolgerin von Dr. Rolf Jessewitsch die neue Direktorin des Kunstmuseums.

 Gisela Elbracht-Iglhaut ist seit 24 Jahren Mitarbeiterin im Kunstmuseum – und jetzt Direktorin.

Gisela Elbracht-Iglhaut ist seit 24 Jahren Mitarbeiterin im Kunstmuseum – und jetzt Direktorin.

Foto: Michael Tesch

Frau Elbracht-Iglhaut, seit dem 1. Oktober 2019 sind Sie die geschäftsführende Direktorin des Solinger Kunstmuseums. Was hat sich für Sie geändert?

Elbracht-Iglhaut Auf der einen Seite nicht viel, ich arbeite seit 24 Jahren in diesem Haus und leite die Bereiche Gegenwartskunst, Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik weiterhin. Andererseits bin ich mir der Verantwortung bewusst, die meine neue Position mit sich bringt. Das ist schon etwas anderes. Es gibt mehr Freiheiten, aber auch mehr Pflichten, die ich gerne übernehme.

Gibt es neue Gebiete der Zuständigkeit?

Elbracht-Iglhaut Da gibt es einige neue Bereiche: Das reicht von den Finanzen, über das Personal, bis hin zum Gebäude, von Glatteis auf dem Vorplatz bis zur DSGVO. Das sind viele Dinge, die zu beachten sind. Wir haben hier im Kunstmuseum vom Haustechniker bis zu den ehrenamtlich Tätigen engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf allen Ebenen mitdenken und unterstützen. Mir ist es wichtig, dass alle gerne zur Arbeit kommen, wir als Team arbeiten, in dem jede und jeder wichtig ist und das auch so empfindet. Der Arbeitsplatz im Kunstmuseum ist ein Privileg. Ich versuche meine Begeisterung für die Sache ins Team zu tragen. Die Stimmung im Haus muss positiv sein, um mit viel Energie und Optimismus neue Ideen umzusetzen.

Kommen wir zum Thema Finanzen. Deckt der Etat des Museums nicht gerade einmal die Betriebskosten für das Museum? Von was bezahlen Sie Ausstellungen?

Elbracht-Iglhaut Leider war es in den letzten Jahren so, dass die Betriebskosten über dem Etat des Museums lagen und es waren große Anstrengungen erforderlich, die Existenz der Gesellschaft zu sichern. Aber wir haben auch viele Ideen und Projekte, um den Etat für Ausstellungen aufzustocken. Ganz wichtig ist das Art-Sponsoring. Über 30 Solinger Firmen unterstützen das Kunstmuseum – teilweise schon seit über 20 Jahren. Das bedeutet, wir erhalten einen bestimmten Jahresbetrag und diesen regelmäßig. Darüber hinaus gibt es einige zweckgebundene Spenden und wir haben neben unseren Partnern auch die beiden Gesellschafter, die uns darüber hinaus fördern, wie zum Beispiel den Freundeskreis Kunstmuseum e.V.

Hinzu kommt ja auch die Unterstützung durch die Künstler, die Werke für eine Auktion zur Verfügung stellen, deren Einnahmen dem Museum zufließen.

Elbracht-Iglhaut Alle zwei Jahre gibt es diese Benefizauktion durch. Die nächste Auktion „Kunst für die Kunst“ wird am 25. April stattfinden. Wir haben auch neue Ideen, um darüber hinaus weitere Spenden zu akquirieren. Ich habe mit Kai Dahlmann als kaufmännischem Geschäftsführer und außerdem mit der Verwaltung und dem Kulturdezernat sehr guten Rückhalt und erfahren viel Unterstützung.

Haben die Sponsoren ein Mitspracherecht bei der Programmgestaltung?

Elbracht-Iglhaut Die Sponsoren lassen uns alle Freiheiten bei der Auswahl der Ausstellungen. Ich bin dankbar für die finanzielle Förderung und das Vertrauen. Im Gegenzug bedanken wir uns mit exklusiven Veranstaltungen, die in den Ausstellungen stattfinden. Dort laden wir unsere Geldgeber ein und bieten ihnen ein ganz besonderes Programm mit besonderen Attraktionen, Künstlergesprächen, Musik und Aktionen.

Das Haus beherbergt ja bekanntlich zwei Museen: das Kunstmuseum und das Zentrum der verfolgten Künste, das vom Landschaftsverband unterstützt wird. Wie ist die Nutzung der Räume für Wechselausstellungen geregelt?

Elbracht-Iglhaut Zwei Drittel der Ausstellungszeit steht dem Zentrum für verfolgte Künste zur Verfügung, ein Drittel dem Kunstmuseum Solingen.

Diese wenigen Wochen im Jahr sind durch die regelmäßigen Jahresausstellungen wie die Bergische Kunstausstellung, die Schau des Vereins der Solinger Künstler und die Präsentation Klasse Kunst eigentlich ja fest verplant. Da bleibt nicht mehr viel Ausstellungszeit übrig.

Elbracht-Iglhaut Die genannten regelmäßigen Ausstellungen sind sehr intensiv und gehören zu den besucherstärksten Veranstaltungen des Kunstmuseums. Die Regelmäßigkeit sorgt für Wiedererkennung. Klasse Kunst, die Schau der Solinger Schulen, zieht in wenigen Tagen rund 1000 junge Menschen ins Museum, die Jahresschau der Künstler bringt uns auch sehr viel Publikum. Die Internationale Bergische Kunstausstellung ist überregional bekannt und die Besucher kommen aus ganz NRW und darüber hinaus. Wir haben sogar Anfragen von namhaften Berliner Galerien, die sich mit ihren Künstlerinnen und Künstlern bewerben wollen. Die Vorgabe des regionalen Bezugs erlaubt das aber nicht. Unser Standort hier in NRW ist dank der Düsseldorfer Kunstakademie so stark, dass es auch nicht nötig ist. Die Schau ist etabliert und über NRW hinaus bekannt. Darüber hinaus können wir eine weitere Ausstellung zeigen, da habe ich seit langem das Konzept, zwei Künstlerinnen oder Künstler in Bezug zu setzen.

In diesem Jahr sind dies David Czupryn und Jochen Mühlenbrink, zwei Preisträger der Bergischen Kunstausstellung. Die Ausstellung wird am kommenden Donnerstag um 19 Uhr in den Räumen für Wechselausstellungen eröffnet.

Elbracht-Iglhaut Für beide Künstler bedeutete der Bergische Kunstpreis den Beginn einer internationalen Karriere. Ihr Werk hat sich konsequent positiv weiterentwickelt. David Czupryn und Jochen Mühlenbrink hatten Einzelausstellungen in namhaften Museen und kehren nun gemeinsam an das Haus zurück, in dem sie erstmalig ausgestellt haben und von Galerien und Sammlern entdeckt wurden. Dank Dr. Thomas A. Lange von der National Bank AG können wir zur Ausstellung begleitende Kataloge herausbringen. Es lohnt sich für die Besucher, diese Schau mit zwei faszinierenden Malern zu sehen.

Was ist für 2021 als freie Ausstellung geplant?

Elbracht-Iglhaut Nächstes Jahr wird das Kunstmuseum Solingen 25 Jahre alt. Das möchten wir mit vielen Aktionen feiern. Eine Ausstellung soll die verschiedenen Aspekte und Aufgaben unseres Hauses zeigen. Max Kratz gehört ebenso dazu wie Georg Meistermann und die städtische Sammlung, aber auch zeitgenössische Positionen werden Thema sein. Wir arbeiten da noch am Konzept, aber diese Inhalte sind die Grundlage.

Wie sehen Sie grundsätzlich die Entwicklung des Kunstmuseums? Wo soll das Museum in fünf Jahren stehen?

Elbracht-Iglhaut Ich sehe die Entwicklung positiv und ich hoffe, das Kunstmuseum Solingen steht in fünf Jahren in jeder Hinsicht auf sicheren Füßen. Das bedeutet, fest verankert in Solingen und dank der Gegenwartskunst, die immer zukunftsweisende Aspekte einbringt, überregional anziehend, agierend zwischen Rhein und Ruhr und darüber hinaus. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg. Das Schöne an der Museumsarbeit ist, dass wir immer dazu lernen. Mit jeder Bergischen Kunstausstellung, deren Auswahl ich ja mit einer versierten, professionellen Fachjury treffe, kommen neue Künstlerinnen und Künstler ins Haus, die ich heute noch nicht kenne. So sind wir immer am Puls der Zeit und entdecken innovative Ansätze in der Kunst, denen wir dann auch mehr Raum geben können. Dieser Aspekt der Aktualität ist sehr spannend. Kunst spiegelt die Welt in der wir leben und ist wichtigstes unabhängiges Ausdrucksmittel und Anlass zu Auseinandersetzung und Diskussion. Die Freiheit der Kunst ist ein Leitgedanke im Kunstmuseum Solingen und verbindet uns mit dem Zentrum für verfolgte Künste.

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