Solingen Gegen die Feinde der Freiheit

Solingen · Gegen die Feinde der Freiheit: Interview zum Gedenktag mit Oberbürgermeister Norbert Feith.

 OB Norbert Feith sieht im Gedenktag starkes Signal.

OB Norbert Feith sieht im Gedenktag starkes Signal.

Foto: Köhlen (Archiv)

Sie haben am Mittwoch gemeinsam mit Ratsmitgliedern eine Erklärung gegen Salafisten unterschrieben, am Donnerstag war bundesweiter Gedenktag für die Opfer rechtsextremer Gewalt. Was können öffentliche Bekundungen bewirken?

Feith Die zentrale Gedenkfeier für die Opfer des Rechtsterrorismus in Berlin wie die bundesweiten Schweigeminuten sind wichtige Zeichen des Mitgefühls mit den Familien und Freunden der Ermordeten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Angehörigen der Opfer um Verzeihung wegen der jahrelangen falschen Verdächtigungen und Ermittlungspannen gebeten. Es ist wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, dass die Gesellschaft dem eingewanderten Teil der Bevölkerung ein solch starkes Zeichen der Solidarität sendet.

Reichen denn solche Bekundungen Ihrer Meinung nach aus?

Feith Sicherlich nicht. Was die Neonazi-Mordserie angeht, hat der Bundestag auf Antrag der Abgeordneten aller fünf Fraktionen Ende Januar einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der einen Beitrag zur gründlichen Aufklärung der Taten leisten soll. Seine Erkenntnisse werden Auswirkungen auf die Struktur und Arbeitsweise der Ermittlungsbehörden haben. Der Solinger Aufruf, den 50 Gemeinden, Verbände und Vereine unterzeichnet haben, ist mit den Schweigeminuten nicht vergleichbar: Hier ging es nicht zuletzt darum, den Salafisten zu demonstrieren, dass sich die klare Mehrheit der Solinger Muslime von ihnen distanziert und dass sie isoliert sind. Das ist deutlich mehr als eine "Bekundung".

Der Rechtsstaat setzt kommunalen und staatlichen Behörden häufig Grenzen. Bürger hingegen fordern schnelles und effektives Handeln gegen Staats- und Menschenfeinde. Was sagen Sie diesen Bürgern, die ein schnelles Vorgehen fordern?

Feith Ein Vertreter des Innenministeriums hat es bei der Infoveranstaltung am Mittwochabend klar gesagt: In unserem demokratischen Rechtsstaat hat auch ein Extremist das Recht, seine extreme Meinung öffentlich zu verbreiten. Wir stärken unsere Freiheit nicht, indem wir in kritischen Situationen rechtsstaatliche Grundsätze über Bord werfen. Dann hätten die Feinde der Freiheit ja schon ihren ersten Sieg errungen. Aber deshalb ist unser Staat nicht wehrlos. Diese Gruppierungen stehen unter genauer Beobachtung der Polizei und des Verfassungsschutzes, die sie zur Verantwortung ziehen werden, sobald die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten ist.

In Solingen leben viele Einwanderer. Was kann die Stadt ganz speziell tun, um gegen rechtsextreme Gewalt vorzugehen?

Feith Es gibt nach meiner Kenntnis keinen Zusammenhang zwischen hohem Einwandereranteil an der Bevölkerung und rechtsextremistischer Gewalt. Im Gegenteil sind die Rechtsextremisten dort am aktivsten, wo die wenigsten Ausländer leben, zum Beispiel in den ostdeutschen Bundesländern. Richtig ist, dass Rechtsextremisten den Fall der Solinger Salafisten zu nutzen versuchen, um Ängste in der Bevölkerung zu schüren und Anhänger zu sammeln. Das müssen wir verhindern. "Die Stadt" ist mehr als "die Stadtverwaltung". Die Eindämmung extremistischer und gewalttätiger Ideologien ist Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft. Wichtig ist, dass die demokratischen Kräfte zusammenstehen und ihren Zusammenhalt öffentlich manifestieren und damit zeigen, dass diese Gruppierungen in unserer Stadt keinen Rückhalt haben. Das hat in Solingen immer gut funktioniert. Ich wünsche mir, dass es so bleibt.

Bernd Bussang führte das Interview.

(RP/rl)
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