Solingen Gefährdeten Kindern frühzeitig helfen

Solingen · Der Landesverband Nordrhein des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte begrüßt das Handlungskonzept der Landesregierung zum besseren Schutz von Kindern. Es bedarf allerdings mit Blick auf die verpflichtenden Früherkennungsuntersuchungen einer praxisnahen Ausgestaltung, um unnötige Bürokratiebelastung zu vermeiden. Morgenpost-Redakteur Uwe Vetter sprach mit Dr. Thomas Fischbach, dem Vorsitzenden des Verbandes.

Welche Neuerungen gibt es im Handlungskonzept?

Fischbach Für unseren Verband ist das schon lange ein bedeutendes Thema. Die Verbesserung des Kinderschutzes ist erforderlich, es besteht Handlungsbedarf. Die verpflichtende Früherkennungsuntersuchung, die im Handlungskonzept festgeschrieben ist, ist innerhalb unseres Verbandes durchaus kontrovers diskutiert worden. Abgewogen wurde zwischen Elternrecht und Kindeswohl. Wir wollen die verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen. Auch deren Inhalte müssen neu geregelt werden.

Ist das vorgesehen?

Fischbach Als Ziel ist eine Ergänzung der Inhalte und der Intervalle der empfohlenen Untersuchungen vorgesehen. Das unterstützen wir Kinder- und Jugendärzte. Es muss aber ein Meldewesen geben, welches das Arzt-Patienten-Verhältnis regelt. Wir wollen jedenfalls nicht Jugendamt spielen.

Wie könnte ein Meldeverfahren aussehen?

Fischbach Im Saarland wurde eine zentrale Stelle an der Uni Homburg eingerichtet. Die stellt durch Datenabgleich zwischen den Jugend- und Einwohnermeldeämtern fest, welche Familien mit ihren Kindern nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen gegangen sind. Die werden dann schriftlich aufgefordert, an den Untersuchungen teilzunehmen. Das könnte auch für NRW ein Weg sein.

Die Mehrzahl der Eltern kommt mit ihren Kindern zu den Untersuchungen. Wie hoch ist der Anteil der Verweigerer?

Fischbach Aus Erfahrung wissen wir, dass rund zehn Prozent der Kinder, die wir bei Vorsorgen nicht sehen, häufig in sozial schwierigen Verhältnissen leben und häufig von Vernachlässigung und Misshandlung bedroht sind. Unser Ziel muss es sein, die gefährdeten Kinder frühzeitig zu erfassen und ihnen und ihren Familien mit Hilfe verschiedener Institutionen zu helfen. Ein soziales Frühwarnsystem muss flächendeckend ausgebaut werden. Das ist uns wichtig.

(RP)
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