Solingen Für Senioren müssen Türen immer offen sein

Solingen · Solinger Pflegeverbund erarbeitet Leitlinie zum Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen bei pflegebedürftigen Menschen.

Der neue Bewohner der Seniorenresidenz am Theater wollte nicht in seinem Zimmer bleiben. Nachts unternahm er Ausflüge durch das ganze Haus, hätte auch in die Kellerräume oder auf die Straße gehen können. Denn seine Zimmertüre abzuschließen, ist dem Personal in dem Altenpflegeheim unweit des Theaters nicht erlaubt. Hierzu wäre nur ein richterlicher Beschluss Grundlage oder das Einverständnis des Bewohners. Auch die Angehörigen können nicht bestimmen, was mit dem Pflegebedürftigen geschieht. Einrichtungsleiterin Christine Werchan griff zu anderen Mitteln. Der Senior bekam ein absenkbares Bett, so dass er beim Aufstehen nicht stürzen kann, außerdem liegt jetzt eine Matte davor, die über Sensoren beim Personal einen Alarm beim Pflegepersonal auslöst, das dann nach dem Hausbewohner sehen kann. Dass vor allem an Demenz erkrankte Menschen oft den Drang haben, ihr Zimmer und auch das Haus zu verlassen, ist Alltag in Solingens Senioreneinrichtungen, aber auch dann, wenn die Menschen zu Hause gepflegt werden.

In solchen Fällen müssen die Pflegedienstmitarbeiter und auch die Angehörigen genau informiert sein, was sie dürfen und was nicht. Nach einjähriger Arbeit hat der Solinger Pflegeverbund eine "Leitlinie zum Umgang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen" entwickelt, die allen Beteiligten wichtige Fragen beantwortet.

"Die persönliche Freiheit des Einzelnen ist oberstes Gebot", sagt Karin Götze, Sprecherin des Pflegeverbundes und Leiterin des evangelischen Altencentrums Cronenberger Straße. Wie damit umzugehen ist, da besteht großer Beratungsbedarf, weiß Hans-Peter Ley von der Betreuungsstelle der Stadt Solingen, die entsprechende Schulungen für Pflegepersonal anbietet.

Zu freiheitsentziehenden Maßnahmen gehört nicht nur das Verschließen einer Tür, das Hochklappen des Bettgitters oder das Fixieren an Bett oder Rollstuhl. Mit Medikamenten können Pflegebedürftige ebenfalls am Verlassen ihres Zimmer oder des Hauses gehindert werden. Auch das ist nur nach richterlicher Anordnung zulässig. Bei einigen hundert Solingern besteht eine solche Anordnung. Doch solche Maßnahmen sind seltener geworden, weiß Christine Werchan, in deren Haus es eine solche Anordnung für keinen Bewohner gibt, ebenso wie bei Karin Götze. Einig sind sich die Altenpfleger: Wir wollen mobile, aktive Bewohner, selbst auf die Gefahr hin, dass mal jemand stürzt und sich verletzt, sagen sie.

Auch die Mitarbeiter der Pflegedienste kommen immer wieder mit dem Thema in Berührung. "Oft sind es die Angehörigen, die uns bitten, die Türen zu verschließen oder die Senioren zu fixieren", wissen Christiane Ricker und Peter Ulrich, die private Pflegedienste betreiben. Die neue Broschüre des Pflegeverbunds gibt Angehörigen nun Antworten auf viele ihrer Fragen.

(RP)
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