Solingen Frieren bei 15 Grad im Wohnzimmer

Solingen · Margarete Tertocha friert in ihrer Wohnung – weil ihr Vermieter die Heizung runter gestellt haben soll, um die 88-Jährige unter Druck zu setzen. Voran gegangen ist diesen Vorwürfen ein Streit um möglicherweise fehlerhafte Nebenkosten-Abrechnungen.

Margarete Tertocha friert in ihrer Wohnung — weil ihr Vermieter die Heizung runter gestellt haben soll, um die 88-Jährige unter Druck zu setzen. Voran gegangen ist diesen Vorwürfen ein Streit um möglicherweise fehlerhafte Nebenkosten-Abrechnungen.

Wenn die Sonne durch die großen Fenster der Erdgeschosswohnung scheint, geht es mit der Temperatur, sagt Margarete Tertocha. "Dann habe ich hier so 18 oder 19 Grad", erzählt sie und wirft einen prüfenden Blick auf ihr Thermometer. Morgens und abends jedoch und an den oft noch frostigen Tagen in den vergangenen Wochen werden es kaum 15 Grad in den Wohnräumen der 88-Jährigen. Schuld daran, sagt sie, ist ihr Vermieter: "Er hat die Temperatur der Heizungsanlage vor einigen Wochen auf die niedrigste Stufe gestellt und ein Schloss an die Tür zum Heizungsraum gemacht." Um Druck auszuüben, davon ist die alte Dame überzeugt.

Voran gegangen ist dieser Eskalation eine Auseinandersetzung über die Nebenkosten-Abrechnung: Im November vergangenen Jahres schickte der Vermieter eine Abrechnung für die Heizkosten-Nachzahlungen der vergangenen drei Jahre. "Mit dieser Abrechnung bin ich nicht klargekommen", sagt Tertocha, "ich habe sie einfach nicht verstanden und entschieden, sie nachprüfen zu lassen."

Demnach ist die Abrechnung nicht nur fehlerhaft, sondern zum größten Teil auch bereits verjährt. Dennoch fordert der Vermieter die Zahlung von rund 1200 Euro — mit einer mittlerweile verstrichenen Frist zu Ende Februar. "Sonst will er gerichtliche Schritte einleiten, hat er angekündigt." Einschüchtern lässt sich die 88-Jährige davon ebenso wenig, wie von der abgedrehten Heizung, wenn sie auch unter der Kälte leidet. Insbesondere, weil sie sich aufgrund einer Lähmung des linken Beines nur schlecht bewegen kann und an ihre Wohnung gebunden ist. "Natürlich habe ich Angst, krank zu werden", fürchtet sie.

Mit Decken und mehreren Schichten Kleidern hält sich Margarete Tertocha warm, im Schlafzimmer hat sie einen Elektro-Heizofen aufstellen müssen. "Ohne den habe ich sogar im Bett gefroren", erzählt die Mutter dreier Söhne. Margarete Tertocha geht es nicht darum, das ist ihr wichtig, nichts zu zahlen: "Ich will ja das zahlen, was ich wirklich verbraucht habe. Aber so, wie er mir das jetzt vorgelegt hat, stimmt es einfach nicht."

Auch ans Amtsgericht hat sie sich bereits gewandt, per einstweiliger Verfügung und unter Androhung eines Ordnungsgeldes sei der Vermieter daraufhin aufgefordert worden, die Heizung sofort wieder anzustellen. Passiert ist bis heute nichts.

Der Vater des Vermieters indes, der sich gemeinsam mit seinem Sohn um die Vermietung kümmert, sieht die ganze Geschichte anders. "Es gab keine Versäumnisse von unserer Seite, wir haben alles ordnungsgemäß und nach Gesetzeslage gemacht. Und die Heizung ist auch nie abgestellt worden." Die Wohnung, sagt er, wird, wie die darüber liegende im ersten Stock, warm. "Wenn man die Heizkörper abdreht, das Thermometer ans Fenster stellt oder kalt durchlüftet, ist es klar, dass es in der Wohnung kalt ist." Einzig, warum jemand so etwas machen sollte, sei auch für ihn "fraglich". Zu den möglicherweise verjährten Abrechnungen will er gegenüber der Morgenpost hingegen nichts sagen: "Darum geht es hier nicht, das hat mit der Heizung doch gar nichts zu tun. Die Abrechnungen werden hier nur als Aufhänger genutzt."

So oder so, Margarete Tertocha und ihr Vermieter sind sich mittlerweile nur noch in einem einig: Darin, dass keiner von beiden eine Idee hat, wie die verfahrene Situation noch geklärt werden könnte.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort