Freundeskreis Pina Bausch Auf der Suche nach Lebenspuren
Solingen · Der Freundeskreis Pina Bausch zeigt eine filmisch aufbereitete Dokumentation, in der Zeitzeugen zu Wort kommen.
„Die Idee zum Zeitzeugen-Projekt ist unmittelbar im Anschluss an unser multimediales Event Pinas Reise 2016 im Kunstmuseum Solingen geboren“, schwärmt Anne Grafweg, selbst Tänzerin, Tanzpädagogin und Vorsitzende des Solinger Freundeskreises Pina Bausch. Nach dreijähriger Vorbereitungszeit, in der viele Weggefährtinnen, Jugendfreunde und Bekannte Pina Bauschs interviewt wurden, präsentiert der Verein das interessante Ergebnis in einem etwa 50-minütigen Film am morgigen Sonntag, zum zehnten Todestag der Künstlerin, im Theater und Konzerthaus.
1940 in Solingen als Tochter der Wirtshausbesitzer Anita und August Bausch am Zentral geboren, verlässt Philipine Bausch 1955 Solingen, um in Essen an der Folkwang Hochschule und danach in New York Bühnentanz zu studieren. In ihrer Geburtsstadt Solingen war sie lange Zeit vergessen. Pinas künstlerische Heimat wurde Wuppertal. Ab der Spielzeit 73/74 wurde sie Ballettchefin und entwickelte das für die damalige Zeit innovative und anfangs oft provokativ empfundene Tanztheater, das sie zu internationalem Ansehen und Erfolg führte.
Der Freundeskreis um Anne Grafweg hat es sich zum Ziel gesetzt, an Pinas Kinder- und Jugendzeit in Solingen zu erinnern und Lebensspuren der frühen Jahre zu sammeln. „Wir haben Aufrufe in der lokalen Presse gestartet“, erzählt Vorstandsmitglied Sabine Franzen, „und waren erstaunt über die große Resonanz und die vielen kleinen Geschichten zu Pina, die auch die Zeit der Vierziger und frühen fünfziger Jahre in Solingen sehr anschaulich machen.“
Pina ging schon sehr früh ins Kinderballett, das dem damaligen Theater in der alten Stadthalle angeschlossen war, und ihre Ballettfreundinnen aus dieser Zeit berichten im Zeitzeugenfilm bewundernd, dass sie bereits damals herausragte, über allen schwebte, kleine Rollen im Ballettensemble übernehmen durfte, wovon die anderen Kinder nur träumten. „Der Wunsch nach einer beruflichen Karriere als Tänzerin war in den Fünfzigern für die meisten Solingerinnen tabu, da der Beruf der Tänzerin immer noch als halbseiden und anrüchig eingeschätzt wurde. Pina hatte Glück, dass ihre Eltern offener waren und ihre Lust am Tanz immer unterstützt haben,“ erzählt das heute 89jährige ehemalige Nachbarskind Renate Braun-Schmitz, deren Eltern das Café Müller am Zentral führten, das Pina später in einem ihrer Tanztheaterstücke aufleben ließ.
Die Interviews, die Anne Grafweg direkt oder per Scype mit den Zeitzeugen führte, wurden mit Unterstützung mehrerer Kameraleute gefilmt, um alle Informationen zunächst unverfälscht zu sammeln, wie das Projektteam betont. Aus dem 15-stündigen Rohmaterial schnitt Milan Grafweg im Anschluss einen chronologisch strukturierten 50-minütigen Dokumentarfilm und macht das Zeitzeugen-Projekt so zu einem informativen und unterhaltsamen künstlerischen Produkt.
Der Pina-Bausch-Freundeskreis um Anne Grafweg freut sich auf die Filmpremiere im Theater und Konzerthaus und hat eine abwechslungsreiche Matinée mit Gesprächen und einer kleinen Performance mit Bezug zur großen Choreografin Pina Bausch geplant.