Solingen Flüchtlingshelfer machen sich mit Bürokratie vertraut

Solingen · Im Rahmen eines Infoabends bei der Flüchtlingshilfe Solingen klärten Mitarbeiter des Jobcenters Ehrenamtler über Schritte zur Arbeitssuche und Anträge auf Sozialleistungen für Flüchtlinge nach Anerkennung ihres Asylantrags auf.

Flüchtlinge: Zelte, Kirchen, Schiffe - hier werden sie untergebracht
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Turnhallen, Kirchen und Schiffe: Wo Flüchtlinge wohnen können

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Foto: dpa, rwe jai

Seit Monaten diskutieren Politiker und Wirtschaftsexperten über die Auswirkungen der aktuellen Flüchtlingswelle auf den Arbeitsmarkt - und über mögliche Chancen, die die Einwanderung potenzieller neuer Arbeitskräfte mit sich bringt. Dass deren Eingliederung ins Berufsleben jedoch auch bei hoher Qualifikation ihre Tücken hat, verdeutlichten viele Beispiele der Gäste beim Infoabend zum Thema "Hartz IV für Flüchtlinge" in den Räumen des Vereins Flüchtlingshilfe Solingen.

Deren Mitglied Wolfgang Fudickar etwa unterstützt im Rahmen von Patenschaften unter anderem einen gelernten Architekten aus Eritrea. Der hatte aus seiner Heimat nur Fragmente seiner Zeugnisse mitgebracht. "Viele Dokumente dort lagern an der Uni und werden niemandem zugänglich gemacht", erklärt der ehrenamtliche Helfer. Um eine Anerkennung des Berufsabschlusses zu erreichen, müssten die vorhandenen Unterlagen bei der Kultusministerkonferenz in Bonn eingereicht werden, erklärte Fudickar.

"Vorher aber brauchten wir einen Übersetzer, um alles ins Deutsche zu übertragen." Diesen fand er in Bochum. Zwei Euro pro Zeile - 480 Euro insgesamt - kostete schließlich die Übersetzung. Zum Glück sei ihnen das Geld von den Behörden erstattet worden, sagte Fudickar. Doch auch der Prozess der Anerkennung zieht sich nicht nur über mehrere Monate hin, sondern verschlingt ebenfalls viel Geld, wie Arbeitsberaterin Caren Tuchel vom Jobcenter betonte.

Gemeinsam mit Dietmar Cremerius von der Leistungsabteilung referierte sie vor professionellen Flüchtlingshelfern und Ehrenamtlern über die Leistungen ihrer Einrichtung. Die Gäste aus Vereinen, Verbänden und Verwaltung hatten viele Fragen mit in den Konferenzraum am Ufergarten 25 mitgebracht: Was ist zu tun, wenn ein anerkannter Flüchtling Arbeitslosengeld II beantragen will ? Welche Kosten werden im Rahmen einer Bewerbung erstattet ? Und welche Fortbildungen werden gefördert ? Die Gastredner sprachen über Eingliederungszuschüsse für Arbeitgeber, die schwer vermittelbare Mitarbeiter einstellen oder über die geförderten Integrationskurse, die im Umfang von 600 Stunden Grundkenntnisse der Deutschen Sprache vermitteln. Auf höherem Niveau sei oft keine Förderung mehr möglich, erklärte Caren Tuchel.

Das Dickicht der Bürokratie musste auch Wolfgang Fudickar als Pate von Flüchtlingen schon durchkämmen: "Für eine Frau habe ich sieben Gänge zum Jobcenter hinter mich gebracht", berichtet er. Wie es mit dem Architekten aus Eritrea weitergeht, ist noch offen. Für eine Anerkennung wird es angesichts fehlender Kenntnisse, zum Beispiel zu Europäischem Baurecht, eher nicht reichen. Aber mit Hilfe geförderter Praktika und möglicher Weiterbildungsmaßnahmen macht sich Fudickar dennoch Hoffnung auf einen guten Neustart seines Schützlings ins Berufsleben.

(ied)
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