Solingen nach der Bundestagswahl FDP zerlegt sich selbst nach Wahlfiasko

Solingen · Liberale streiten nach der desaströsen Bundestagswahl weiter. Die siegreiche CDU strotzt hingegen vor Selbstbewusstsein. Doch ohne Partner ist die Ratswahl 2014 nicht zu gewinnen. Starre Bündnisse müssten aufgebrochen werden.

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Die Solinger Politiker werden sich nach der Bundestagswahl nur eine kurze Pause gönnen. Denn im Frühjahr kommenden Jahres stehen bereits die nächsten Urnengänge an. Am 25. Mai 2014 wählen die Bürger ein neues Europaparlament. Darüber hinaus stimmen sie an diesem Tag auch über die Zusammensetzung des Solinger Stadtrats ab. Und 2015 wird der Oberbürgermeister neu gewählt.

Welche Folgen hat der Ausgang der Bundestagswahl auf Solingen? Auf den ersten Blick keine. Indirekt könnte das Resultat aber auf die Stadtpolitik durchschlagen. Denn der Sieger der Bundestagswahl, die CDU, erwartet auch in Solingen Rückenwind und strotzt vor Selbstbewusstsein. Tenor: Ohne uns kann keiner regieren. Bei der FDP eskalierte gestern hingegen der Konflikt zwischen den Parteiverbänden Solingen und Remscheid.

In welche Richtung entwickeln sich die Liberalen? In der Geburtsstadt Walter Scheels geht es wohl zunächst weiter abwärts. Remscheids Parteichef Hans Lothar Schiffer erhob gestern schwere Vorwürfe gegen den Solinger Direktkandidaten Gerd Brems. Dieser habe sich viel zu selten in der Nachbarstadt sehen lassen, so Schiffer. Die Remscheider kündigten endgültig die Regelung auf, wonach die Direktkandidatur zwischen den Stadtverbänden wechselt.

Welche Folgen kann das für die CDU haben? Zerlegtsich die FDP weiter selbst, verliert die Union einen Mehrheitsbeschaffer. Zwar hat die Bundestagswahl gezeigt, dass es in Solingen ein Potenzial für die CDU gibt. Aber allein erscheint die Partei zu schwach. Und dazu kommt: Das bürgerliche Lager ist uneins. So koaliert die Bürgergemeinschaft für Solingen (BfS), eine Abspaltung von der Union, mit SPD, Grünen und der Demokratischen Sozialen Wahlalternative (DSW).

Ist die CDU gut aufgestellt? Nein. Wer ab 2014 die Fraktion führt, ist unklar. Bernd Krebs (72) wird noch einmal für den Rat kandidieren. Doch dass er erneut an der Fraktionsspitze steht, erscheint unwahrscheinlich. Einen "Generationswechsel", so wie ihn die SPD bereits vollzogen hat, deutet sich an. Als mögliche Nachfolger werden CDU-intern DRK-Geschäftsführer Jan Welzel und Carsten Becker aus Ohligs gehandelt. Aber beide haben offene Flanken. DRK-Mann Welzel, der Beisitzer im Fraktionsvorstand ist, hat beim Roten Kreuz viel Arbeit. Und CDU-Vize Becker ist jenseits von Ohligs umstritten.

Mit wem könnte die CDU koalieren? Fällt die FDP aus, gibt es zwei Optionen: Eine große Koalition mit der SPD, und bei der Union wird Schwarz-Grün ebenfalls nicht ausgeschlossen. "Das wäre möglich", sagte gestern Fraktionschef Krebs, dessen auch persönliche Distanz zum grünen Fraktionschef Manfred Krause allerdings bekannt ist.

Sind Schwarz-Grün und Schwarz-Rot realistisch? Nein, beides bleibt Wunschdenken. Zwar verlassen 2014 einige prominente Grüne wegen der Rotation den Rat. Aber Krause wird beispielsweise wohl bleiben. Wobei die Kluft zwischen den Parteien ohnehin tief ist — siehe Stadtwerke oder Gewerbegebiete. Die SPD wiederum lehnt nach der großen Koalition bis 2009 ein solches Bündnis ab. Die Partei hatte als Juniorpartner verloren.

Wem hilft eine große Koalition in Berlin? Erfahrungsgemäß den kleinen Parteien, die aus der Opposition heraus auf unpopuläre Entscheidungen warten können. OB Norbert Feith warnt vor einer weiteren "Zersplitterung" der politischen Kräfte, die das ohnehin schon gespaltene Solingen — zudem ohne Fünf-Prozent-Hürde im Stadtrat — besonders hart treffen könnte. Mehrheiten wären schwieriger zu finden.

Wie ist das linke Lager aufgestellt? Das linke Lager ist noch zersplitterter als das bürgerliche. Ab 2014 könnten mit SPD, Grünen, Linkspartei und einer Kombination aus DSW und Piraten vier linke Fraktionen im Rat sitzen. DSW-Fraktionschef Gerd Schlupp kündigte gestern Gespräche zwischen seiner Fraktion und den Piraten an. "Wir prüfen ein gemeinsames Auftreten", so Schlupp, der einen Beitritt der DSW zur SPD ausschloss.

Wer hat bessere Chancen bei der OB-Wahl 2015? Tritt OB Feith wieder an, besäße er einen Amtsbonus. Ein SPD-Kandidat hätte Chancen, sollte nicht jede Partei links von CDU und FDP einen eigenen Mann oder eine eigene Frau aufstellen.

(RP)
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