Peter Wirtz FALS - in 25 Jahren zum Markenzeichen

Solingen · Peter Wirtz hat 1990 als Schulleiter die Aufgabe übertragen bekommen, die neu gegründete Friedrich-Albert-Lange-Schule zu entwickeln. Nach dem Aufbauprozess und der Etablierung folgte 2008 eine neue Herausforderung: die NRW-Sportschule.

Ähnlich wie jetzt die neue Gesamtschule in Höhscheid hat auch die Friedrich-Albert-Lange-Schule (FALS) in Wald vor 25 Jahren eine Hauptschule ersetzt. Wie ist die neue Schule gewachsen ?

Wirtz Der erste Jahrgang war vierzügig mit 108 Schülern besetzt. Danach ging es recht schnell und rapide. Im Jahr darauf hatten wir 156 Anmeldungen, ein weiteres Jahr später 204, dann 220, 256 und irgendwann mehr als 300. Weil die Anmeldezahlen durch die Decke geschossen sind, hat die Verwaltung und die Stadtspitze 1992 gebeten: Könnt ihr nicht schon einmalig sechs Züge aufnehmen ?

Und Sie haben Ja gesagt . . .

 Oberbürgermeister Franz Haug, NRW-Innenminister Ingo Wolf und Peter Wirtz (v.l.) bei der Eröffnung der NRW-Sportschule im August 2008.

Oberbürgermeister Franz Haug, NRW-Innenminister Ingo Wolf und Peter Wirtz (v.l.) bei der Eröffnung der NRW-Sportschule im August 2008.

Foto: Radtke, Guido (gra)

Wirtz Nach einem halbjährigen Diskussionsprozess haben wir es gemacht. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir die Bauphase der Erweiterung mit dem sogenannten Riegelbau für die Sekundarstufe II und gleichzeitig die Planung der Schwindstraße. Als wir 1994 das neue Gebäude eingeweiht haben, war die Schule rappelvoll und wieder zu klein, weil wir zwei Jahre jeweils sechs Züge aufgenommen hatten. Und wäre die Schule nicht in einem Zeitfenster von sechs Wochen fertig geworden, hätten wir nicht gewusst, wohin. Das war ein Wahnsinn, wenn man sich das im Nachhinein überlegt.

Warum boomt eine Schule gleich von Anfang an ? Ist es das Einzugsgebiet ?

Wirtz Als die FALS 1990 gegründet wurde, war die Gesamtschule in Solingen trotz der Existenz der Wupperstraße und der Geschwister-Scholl-Schule noch nicht so verankert, dass der bildungsbürgerliche Streit um diese Schulform aufgehört hat. Behindert sie das gegliederte Schulwesen, oder ist es eine gute Ergänzung ? Damals war die politische Sorge, dass die Schullandschaft negativ verändert werde. Ich behaupte, dass Schule ein bestimmtes Klima, ein bestimmtes Ethos Umgang mit jungen Menschen vereinbaren muss. Wenn das vorgelebt und auch umgesetzt wird, und Eltern spüren, dass man es ernst meint, dann gibt es einen bestimmten Ruf, den sich eine Schule langsam erarbeitet. Übrigens hat dieser Ruf in Solingen recht schnell dazu beigetragen, dass die Gesamtschule nicht mehr Anlass für den ideologischen Parteienstreit war - ein Schulkompromiss auf regionaler Ebene.

Das alleine hat gereicht ?

Wirtz Wir hatten drei glückliche Umstände, die nicht jede Schule hat. Erstens: Die Lage direkt am Ortskern. Wenn man sich öffnet, kann man mit allen Einrichtung im Stadtteil kooperieren. Zweitens: Die Eltern haben Vorteil einer Schule in Langzeitform gesehen, dass ein Kind nicht wechseln muss, wenn es das Abitur machen will. Und der dritte Punkt ist, dass wir von Beginn an ein überzeugendes pädagogisches Konzept hatten - inklusive gezielter Förderungsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen. Das Gründungsteam war klasse und hatte eine Aufbruchstimmung: Wir machen Schule für die Kinder. Das kam bei den Eltern an.

Sie haben große Probleme bewältigt, und die Schule war irgendwann ein Selbstläufer - und dann holen Sie sich mit der NRW-Sportschule eine neue Herausforderung ins Haus. Wieso ?

Wirtz Aufgrund der bestehenden Kooperation mit dem Wald-Merscheider TV in ersten Schritten sowie ersten Erfolgen lag dieser Schritt ein bisschen nahe. Ich will aber auch nicht verbergen, dass wir innerschulisch abgewogen haben, was wir uns zusätzlich für Aufgaben ans Bein binden. Unter dem Aspekt der Organisationskultur haben wir uns richtig was angetan. Die Erfolge betrachtet, hat es sich in jedem Fall gelohnt. Wir haben den Nachweis liefern können, dass Hochleistungssport und Schule vereinbar sind.

Es gibt Kritik aus anderen Teilen der Solinger Schullandschaft, die FALS könne sich aufgrund der hohen Anmeldezahlen nur die Besten herauspicken. Wie gehen Sie damit um ?

Wirtz Dass wir die allerbesten Schüler im Sport bekommen, ist eine der Bedingungen der NRW-Sportschule. Dass wir natürlich auch schauen, was wir für andere Kinder tun können, hat mit den Zielen und dem Fokus zu tun. Richte ich ihn darauf, im Selbstverständnis eine inklusive Schule zu sein, antworte ich mit Ja. Können wir Flüchtlingskinder in einer zweiten Gruppe aufnehmen, obwohl nicht ausreichend Lehrer da sind, antworte ich auch mit Ja. Geht es darum, das Profil der Schule zu schwächen, die in einem Wettbewerb der besten Sportschulen bundesweit steht, ist meine Antwort für jeden hoffentlich nachvollziehbar: Jede Schule muss sich ihr Profil erarbeiten - Kinder am Grünen Tisch zu verteilen, das machen die Eltern nicht mit. Und das ist auch gut so.

Würden Sie im Rückblick als Schulleiter irgendetwas anders machen ?

Wirtz (grübelt) In der Vernetzung mit den anderen Solinger Schulen haben wir vor etwa zehn Jahren ein ganz schmales Zeitfenster verpasst. Als klar wurde, dass der damalige Modellversuch selbsständigerer Schulen vom Land nicht in eine Regelform umgesetzt wird, haben wir diese Region nicht als Modellregion verankert. Wir hätten - vor allem den Eltern - deutlich machen müssen, dass wir uns verschlechtern, wenn wir zum Alltag zurückkehren. Die Möglichkeit, Lehrer oder Trainer flexibel nach Bedarf einstellen zu können, hatte zu einer deutlichen Qualitätssteigerung geführt. Stattdessen haben wir die Enttäuschung zu stark hingenommen. Und jede Schule hat nur auf sich geschaut, wie sie mit der Rückkehr zum alten System verwalteter Schulen zurechtkommt.

Was möchten Sie in Ihren letzten Dienstjahren noch erreichen ?

Wirtz Sportlich werden wir unsere Kooperationen bundesweit ausweiten. Im Kulturbereich gibt es die Idee, sich mit Einrichtungen wie dem jungen Schauspielhaus Düsseldorf oder Schauspielschulen zu verzahnen. Im Bereich der Naturwissenschaften besteht Handlungsbedarf: Mit welchen Projekten bekommt man mehr junge Leute begeistert, in diesem Gebiet - bei aller Härte des Studiums - einen Beruf anzustreben. Es darf uns nicht zufriedenstellen, zwölf bis 15 Studierende jedes Jahr in Abiturjahrgängen zu erleben, die ein naturwissenschaftliches Studium beginnen. Hier kann die Friedrich-Albert-Lange-Schule besser werden.

GUIDO RADTKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(gra)
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