Solingen Fall Linus: Apothekerin kämpft gegen Strafbefehl

Solingen · Frühchen Linus hat durch Augentropfen erhebliche Sehschäden erlitten. Das Kind ist auf einem Auge sogar erblindet. Im Januar beginnt in Wuppertal der Prozess, weil eine Apothekerin die gegen sie verhängte Strafe nicht akzeptiert.

 Mirjam und Marcus Ordowski feierten vergangenes Jahr zum ersten Mal das Weihnachtsfest mit Baby Linus.

Mirjam und Marcus Ordowski feierten vergangenes Jahr zum ersten Mal das Weihnachtsfest mit Baby Linus.

Foto: Archiv

Zum neuen Jahr wird für die Familie von Linus das ganze tragische Geschehen wieder aufleben, das vor zwei Jahren das Leben des Frühchens nachhaltig verändern sollte. Die Apothekerin, die vom Amtsgericht wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 60 Tagessätzen zu 100 Euro verurteilt worden war, akzeptiert die Strafe im Gegensatz zu einer Kollegin und einem Kinderarzt nicht. Am Amtsgericht in Wuppertal beginnt daher am 15. Januar der Prozess. Bis 12. Februar sind sieben Verhandlungstage angesetzt, offenbar wird mit einer umfangreichen Beweisaufnahme gerechnet.

Dr. Christa H. soll den Auftrag erteilt haben, für die Herstellung der Augentropfen, die später Linus und zwei anderen Frühchen im Wuppertaler Perinatalzentrum mit schweren Folgen verabreicht wurden, fehlende Substanzen zu bestellen und ein Herstellungsprotokoll zu fertigen. Die Apothekerin soll dann dieses Protokoll zusammen mit dem inzwischen per Strafbefehl verurteilten Arzt Dr. J. mit der übermittelten Überdosierung zur Fertigung freigegeben haben.

Für die Frühchen, denen die Augentropfen im Rahmen einer Untersuchung verabreicht wurden, hatte dies fatale Folgen. Während bei dem kleinen Linus das rechte Auge irreparabel erblindet und auf dem linken Auge die Sehkraft stark eingeschränkt ist, ist bei einem weiteren Neugeborenen eine Trübung der Hornhaut erfolgt, die zu einer massiven Sehbehinderung des linken Auges führte. Der dritte Säugling ist ebenfalls auf einem Auge erblindet.

Angeklagte ist die Apothekerin wegen fahrlässiger Körperverletzung, das Gesetz sieht hierfür Strafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen vor.

Die Anklage wirft der Apothekerin vor, ihre Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Die Augentropfen zur Untersuchung der Frühgeborenen in der Wuppertaler Klinik waren 1000-fach überdosiert. Die drei Babys hatten mit heftigem Schreien reagiert, als ihnen die Tropfen ins Auge geträufelt wurden. Erst als die Tropfen nach 15 Minuten bei einem vierten Säugling angewendet wurden und auch dieser heftig schrie, wurde die Behandlung abgebrochen — und diesen Kindern blieb ein ähnliches Schicksal wie dem kleinen Linus erspart, der nicht nur auf einem Auge erblindet ist, sondern auch langfristig verschiedene medizinisch-kosmetische Eingriffe über sich ergehen lassen muss.

Zu der 1000-fachen Überdosierung der Tropfen war es offenbar gekommen, weil bei einer Zutatenangabe statt Milligramm Gramm angegeben worden war. Diesen Fehler in der per Fax übermittelten Bestellung soll der bereits verurteilte Arzt versucht haben, zu vertuschen. Weil ein Fax jedoch juristisch nicht als Urkunde gilt, werden diese Vorwürfe durch die Justiz nicht weiter verfolgt. Das ist ein für die Eltern von Linus nur schwer nachvollziehbarer Vorgang.

Prozessbeginn 15. Januar, 9 Uhr, Amtsgericht Wuppertal, Hofaue.

(RP)
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