Solingen Erwachsen oder dumme Jungs?

Solingen · Im Verfahren gegen die beiden Brandstifter, die als Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr 17 Brände gelegt haben, soll jetzt ein Gutachter bei der Entscheidung helfen, ob sie als Jugendliche oder Erwachsene bestraft werden.

Großbrand in Solinger Industriegebiet
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Für Staatsanwalt Wolfgang Neubauer ist klar: Für die angeklagten Brandstifter kommt nur das Erwachsenenstrafrecht in Frage. Die beiden waren zur Tatzeit über 20 Jahre alt, und somit im juristischen Sinne Heranwachsende, die sowohl nach Jugend- als auch nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden können. Das in der Regel etwas mildere Jugendstrafrecht wird angewendet, wenn die Angeklagten in ihrer Entwicklung noch nicht einem Erwachsenen gleichgestellt werden können.

Nach den Aussagen eines Polizeibeamten und des Jugendgerichtshelfers, die beide die Angeklagten für nicht erwachsen halten, sah sich der Staatsanwalt gestern veranlasst, einen Antrag zu stellen, nach dem André W. und Stefan M. von Professor Dr. Pedro Faustmann von der Ruhruniversität Bochum auf ihre Reife untersucht werden. Das Gericht kam diesem Antrag nach, die Angeklagten können selbst entscheiden, ob sie sich testen lassen wollen. Lehnen sie eine Untersuchung ab, wird sich der Sachverständige aus den Prozessakten und an den nächsten Verhandlungstagen ein Bild von den Brandstiftern machen und dann sein Gutachten erstatten. Außerdem sollen Zeugen aus dem Umfeld der jungen Männer gehört werden, Bekannte, Freunde und Ausbilder bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Folgen bis heute

An den drei vorausgegangenen Verhandlungstagen hatte die 1. Große Strafkammer beim Landgericht sich nicht nur ein Bild von den Angeklagten machen können, sondern auch vom Ausmaß der Schäden bei den 17 Bränden, die in der Anklageschrift aufgelistet sind. Beim Großbrand in Scheuren war Schaden in Millionenhöhe entstanden. Und auch der Scheunenbrand in Nesselrath am 3. Oktober war folgenreich. André W. hatte erst in der Verhandlung gestanden, auch dieses Feuer, diesmal ohne seinen mitangeklagten Freund, gelegt zu haben. Bis in die diesjährige Erdbeerernte wirkt sich dieses Feuer aus, wie der betroffene Landwirt vor Gericht erklärte. Neben der offenen Scheune, Maschinen und 70 Tonnen Kartoffeln ist jede Menge Stroh verbrannt, das ohnehin wegen des heißen Sommers 2006 knapp ist und jetzt teuer eingekauft werden muss zum Abdecken der zarten Pflänzchen. Mit 200 000 Euro bezifferte der Landwirt den Schaden, 70 000 Euro hat er von seiner Versicherung bekommen, 90 000 Euro hat allein die neue Strohpresse gekostet.

Sie wollten es brennen sehen

Die Angeklagten, die nach Schule und Zivildienst gerade auf der Suche nach einer Lehrstelle waren, als sie am 16. Oktober nach dem Brand der Alten Ziegelei festgenommen wurden, gaben zu, dass sie es brennen sehen wollten. Als weiteres Motiv hatten sie Langeweile und "Feuerwehrgeilheit" ins Feld geführt.

Der Prozess wird am 18. April um 9 Uhr in Wuppertal fortgesetzt.

(RP)
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