Mehr Wärmepumpen für Solingen – aber wohin damit? Energie-Ärger für Hausbesitzer in der City
Solingen · Elke Mosebach-Garbade steckt in einer Zwickmühle. Gerne würde sie ihr Mietshaus mit klimaschonender Heiztechnik ausstatten. Doch dafür gibt es Hürden. Warum das so ist und wo Betroffene sich beraten lassen können.
Es ist ein typisches Miethaus für die Solinger Innenstadt. Erbaut wurde es 1956 und hat ein Ladenlokal im Erdgeschoss. Es ist ein wenig in die Jahre gekommen, aber vielleicht auch gerade deswegen attraktiver Wohnraum für Menschen, denen das Geld nicht so locker in der Tasche sitzt: Ein Quadratmeter Wohnfläche kostet in diesem Gebäude am Entenpfuhl zwischen fünf und sechs Euro.
Zwölf Parteien leben in dem Mietshaus. Die Wohnungen stehen nicht lange leer. Gerade ist wieder eine Familie eingezogen. Vermieterin Elke Mosebach-Garbade schaut hoch zum vierten Stock, wo die Familie gerade die Fenster geöffnet hat. Gerne würde sie in diesem Haus, so wie in ihrem privaten Wohnhaus auch, eine klimafreundliche Heiztechnik einsetzen. Dazu hat die pensionierte Pädagogin, die viele Solinger noch als Leiterin der Geschwister-Scholl-Schule kennen, viel recherchiert. „In bin kein Ingenieur. Ich habe mir das alles nur angelesen.“
Doch trotz allen Forschens wird die Sache nicht leichter. Denn offenbar ist es nicht oder nur unter großem finanziellen und baulichen Aufwand möglich, in ihr Haus Wärmepumpen einzubauen. Ein Problem, das ihrer Ansicht nach viele Hausbesitzer in der Innenstadt haben dürften: „Im Zweiten Weltkrieg sind hier viele Bomben gefallen. Die Häuser haben alle ungefähr dasselbe Baujahr. Wir sind also nicht die einzigen mit dem Problem, da brauchen sie sich nur umzugucken.“
Aber wo genau liegt das Problem? Das Gebäudeenergiegesetz soll geändert werden. Gewünscht ist, dass für Heizungen künftig immer weniger fossile Energieträger wie Gas, Öl und Kohle zum Einsatz kommen und stattdessen erneuerbare Energien genutzt werden. Hier sind insbesondere Wärmepumpen im Gespräch. Eine Technik, die auch Elke Mosebach-Garbade schätzt. Sie hat sich eine Tiefenwärmepumpe bereits in ihr Privathaus einbauen lassen.
Doch dort ist die Lage anders als am Entenpfuhl: Die Gebäudesubstanz ist jünger, und es gibt mehr Platz. Das 67 Jahre alte Mietshaus hingegen wird bislang über dezentrale Gasthermen geheizt. 14 sind es insgesamt. Außerdem gibt es keine Fußbodenheizung. Eine Möglichkeit wäre, die Gasthermen mit Luft/Wasser-Wärmepumpen zu ersetzen. Das aber ist nicht möglich, weil die Leistung dieser Art von Wärmepumpen nicht ausreicht. Es müssten weiterhin Gasthermen eingesetzt werden. „Das würde enorm viel kosten.“ Und an die Wand einer jeden Wohnung müsste an die Fassade ein Wärmetauscher gehängt werden. „Das sähe dann aus wie in China, wo die Klimaanlagen an den Wohnungen hängen. Wenn wir das machen, dann müssten wir auch an die Optik des Hauses ran. Und dann müssten wir die Mieten auf rund zwölf Euro pro Quadratmeter erhöhen. Das kann keiner bezahlen.“
Für eine entsprechend leistungsfähige Flächen- oder Tiefengeothermie fehle hingegen der Platz in der dicht gedrängten Innenstadt, sagt sie. Daher hofft sie nun auf Nah- oder Fernwärme, also ein Leitungsnetz, das die Wärme von einem Energieerzeuger über Rohrleitungen an ihr Haus bringt. Bei Nahwärme würde nur eine geringere Anzahl von Häusern beheizt, der Energieerzeuger müsste in der Nähe sein. „Aber wo sollte beispielsweise das Blockheizkraftwerk in Nähe des Entenpfuhls seinen Platz finden?“, fragt sich die Pädagogin. Außerdem müssten Vor- und Rücklaufleitungen unterirdisch verlegt werden, ein großer Aufwand also, sagt Lucia Greco von der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke Solingen. Die Federführung sowohl für ein Nah- als auch für das Fernwärmenetz hat jedoch die Stadt Solingen.
Die aber winkt ab. In Solingen existiert ein Fernwärmenetz, doch dessen Kapazitäten sind nahezu ausgeschöpft, heißt es von den Technischen Betrieben: Über das Fernwärme-Leitungsnetz sind zahlreiche städtische sowie einige privatgenutzte Gebäude an die Fernwärmeversorgung angeschlossen; darunter das Müllheizkraftwerk, die Technischen Betriebe Solingen (TBS) an der Dültgenstaler Straße, die Feuerwache Wald, das Klinikum, das Schulzentrum Vogelsang, das Familienbad Vogelsang, das Theater und Konzerthaus, das Rathaus, das Sportbad Klingenhalle und die Klingenhalle Solingen.
Außerdem werden private Wohnanlagen mit Fernwärme aus dem Müllheizkraftwerk (MHKW) versorgt, etwa an der Cheruskerstraße, Sachsenstraße und Ubierweg. Angeschlossen wurde sie bereits vor einigen Jahrzehnten im Zuge der Versorgung von städtischen Gebäuden, die sich in der direkten Umgebung befinden.
Das Fernwärmenetz besteht aus der Nord- und der Südtrasse. Die Nordtrasse reicht sowohl bis zur Feuerwache Wald/TBS als auch bis zum Familienbad Vogelsang. Die Südtrasse reicht bis zum alten Rathaus und bis zur Klingenhalle. Insgesamt werden rund 55.000 MWh/ Jahr (MWh= Megawattstunde) erzeugt.
Die Fernwärme Kapazitäten sind jedoch begrenzt. So ist zum Beispiel die Kapazität der Südtrasse mit dem Anschluss der neuen Sparkasse nahezu ausgeschöpft, die Nordtrasse kann nur noch im begrenzten Umfang erweitert werden.