Solingen bringt E-Mobilität voran „Wenn eine Stadt elektrisch ist, dann wir“

Interview · Solingen möchte die Elektromobilität in der Stadt voranbringen. Ein dazu gegründeter Arbeitskreis leiste dazu einen wichtigen Beitrag, sagt Matthias Sinn, Leiter des Stadtdiensts Natur und Umwelt, der Teil des Arbeitskreises ist.

 Matthias Sinn, Stadtdienstleister Natur und Umwelt der Stadt Solingen, findet die Arbeit des städtischen Arbeitskreises Elektromobilität wertvoll. Künftig soll der Arbeitskreis weiter daran arbeiten, das Elektromobilitätskonzept der Stadt umzusetzen. 
  Foto: M. Sinn / Klingenstadt Solingen

Matthias Sinn, Stadtdienstleister Natur und Umwelt der Stadt Solingen, findet die Arbeit des städtischen Arbeitskreises Elektromobilität wertvoll. Künftig soll der Arbeitskreis weiter daran arbeiten, das Elektromobilitätskonzept der Stadt umzusetzen. Foto: M. Sinn / Klingenstadt Solingen

Foto: M. Sinn, Klingenstadt Solingen

Das Elektromobilitätskonzept (EMK) wurde vor zweieinhalb Jahren beschlossen, seit gut eineinhalb Jahren ist dazu ein Arbeitskreis aktiv. Wie beurteilen Sie die bisherige Arbeit?

Matthias Sinn Der Arbeitskreis war eine sehr sinnvolle Entscheidung. Alle städtischen Akteure sind darin – da zähle ich auch die Stadtwerke sowie die Wirtschaftsförderung zu. Unsere Arbeit ist wichtig, weil wir nur so das Thema Elektromobilität in die Stadt bringen können.

Was sind die wichtigsten Punkte aus dem EMK, die Sie bereits umsetzen konnten?

Sinn Umsetzung ist ein kontinuierlicher Prozess, gerade bei so einem dynamischen Thema wie Elektromobilität. Es ist also nicht so, dass da jetzt einige Aspekte schon abgeschlossen wären. Eine Frage für uns war, in welchem Umfang wir eine Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum brauchen. Daran schließen sich Fragen an wie: Wer baut die Ladesäulen wann wohin und mit welchem Geld? Natürlich denkt man da als Stadt immer erst an die eigenen Stadtwerke. Die haben auch bereits viele Säulen gebaut. Aber im öffentlichen Raum gibt es die Wettbewerbsfreiheit. Deswegen ist es auch privaten Anbietern möglich, Ladeinfrastruktur in der Stadt zu schaffen.

Wie viele öffentlich Ladesäulen stehen denn derzeit in Solingen?

Sinn Wir sind im Moment mit 58 Ladesäulen ganz gut dabei. Das sind 105 Ladepunkte, weil viele Säulen zwei Ladepunkte haben. Es gibt auch Schnellladesäulen, unter anderem an der Autobahn-Raststätte Ohligs. Wenn der Anteil der E-Autos in den kommenden Jahren zunimmt, werden wir das Ladeinfrastrukturnetz weiter ausbauen.

Die Stadt hat einen Teil ihres eigenen Fuhrparks auf E-Fahrzeuge umgestellt. Geht es dabei auch um einen Vorbild-Charakter?

Sinn Selbstverständlich. Wir haben als Stadt schließlich eine große Außenwirkung. Bei uns werden keine Benziner oder Diesel mehr gekauft. Die Reichweite der E-Autos reicht locker für den Normalbetrieb. Für den Fuhrpark haben wir an den wichtigsten Verwaltungsstandorten auch eine firmeninterne Ladeinfrastruktur aufgebaut.

Aber natürlich beschränkt sich E-Mobilität nicht nur auf Autos.

Sinn Genau. Wir sind immer etwas Auto-fixiert. Dabei können wir unglaublich viele Strecken in der Stadt mit dem Fahrrad machen. Das war in Solingen aufgrund der hügeligen Lage in der Vergangenheit schwierig, aber durch E-Bikes ist es einfacher. Als Stadt haben wir auch 16 Pedelecs angeschafft, dazu ein E-Lastenrad und einen E-Tretroller. Und wir wollen das auch im öffentlichen Raum mehr voranbringen.

Braucht es dazu ebenfalls Angebote wie Lademöglichkeiten?

Sinn Es wäre zum Beispiel denkbar, dass einzelne Einkaufszentren Lademöglichkeiten für E-Bikes anbieten. Ansonsten kann man die Räder aber bequem über den Hausstrom laden. Die meisten E-Bikes haben eine Reichweite von 50 bis 100 Kilometern, je nach Modell. Damit kommt man eigentlich überall hin. Deswegen ist es für elektrische Fahrräder im Gegensatz zu Autos in der Regel kein Thema, Lademöglichkeiten im öffentlichen Raum zu schaffen.

Auch der Bereich ÖPNV spielt im EMK eine Rolle.

Sinn Wenn eine Stadt elektrisch unterwegs ist, dann sind wir das mit unseren Oberleitungs-Bussen. Andere Städte setzen auf Straßen- und U-Bahnen, aber wir haben als Alleinstellungsmerkmal die O-Busse. Die sind momentan noch angewiesen auf die Leitungen. Wo es die nicht gibt, müssen die Busse mit Diesel weiterfahren. Deswegen sind die batteriebetriebenen O-Busse ein Zukunftskonzept. Erste Fahrzeuge sind bereits im Einsatz.

Welche Themen werden in Sachen Elektromobilität in Solingen denn in Zukunft wichtig?

Sinn Das geht viel in Richtung Wasserstoff. Beim Thema Mobilität kommt oft die Frage auf, wie man die Energie ins Auto bekommt. Da ist bislang noch Diesel oder Erdgas die Antwort. Aber eine Alternative könnte künftig eben Wasserstoff als chemischer Energieträger sein. In Solingen ist beabsichtigt, die Busse oder auch die Müllfahrzeuge, die weiterhin mit Diesel fahren müssten, zukünftig mit Wasserstoff fahren zu lassen. Ein anderes spannendes Thema sind die Gewerbegebiete und die Mobilität dahin. Da soll bei Stöcken 17 ein beispielhaftes Mobilitätskonzept entstehen. Und zuletzt ist alles wichtig, was mit E-Mobilität in den Quartieren passiert, zum Beispiel bei Neubauten. Da arbeiten wir mit Wohnungsbaugenossenschaften zusammen, teilweise auch schon mit privaten Investoren.

Im EMK geht es viel um die Vorteile der Elektromobilität, es gibt ja aber auch Kritik, beispielsweise in Bezug auf die Herstellung des dafür benötigten Stroms oder der Akkus.

Sinn Das ist ein sehr relevantes Thema. Gerade für uns als Nachhaltigkeitsstadt ist es wichtig, auch kritisch zu hinterfragen, wo Fehlentwicklungen auftreten, die wir vielleicht nicht steuern können. Denn so Sachen wie die Herstellung von Lithium-Batterien geschehen außerhalb unseres Wirkungskreises. Man muss das dann aber mit dem vergleichen, was wir im Moment haben: Das Fahren mit fossilen Energieträgern, die auch nicht ganz sauber produziert werden. Da ist es immer wichtig, einen kritischen, aber offenen Blick zu haben. Es hängt auch viel damit zusammen, ob der verwendete Strom aus erneuerbaren Energien kommt.

Wo kommt der Strom für die städtische E-Mobilität her?

Sinn Wir haben unseren eigenen, regenerativ erzeugten Strom. Der ist auch zertifiziert. Damit sind wir da schon mal auf einer guten Seite. Und wenn wir mehr Strom brauchen, als wir produzieren können in unserem Heizkraftwerk, dann kaufen wir ihn zu, und zwar auch zertifiziert. Der Strom kommt unter anderem von den Solar-Anlagen auf einigen unserer Dächer. Wir wollen die Photovoltaik-Technik stark ausbauen, da hoffen wir auf Entscheidungen vom Bund bezüglich der Förderlandschaft. Und wir wollen die Photovoltaik mit Gründächern kombinieren. Das ist gerade auf Flachdächern sinnvoll.

Wie kann die Stadt auch die Bürgerinnen und Bürger in diesem Bereich motivieren?

Sinn Wir versuchen, durch Beratungsangebote – über die Verbraucherzentrale, über die Stadtwerke, aber auch über Vereine – für Informationen zu sorgen. Wir machen über unsere Marketing-Aktionen – zum Beispiel unser Label „Klüger mobil“ in Bussen und Dienstfahrzeugen – deutlich, wie wichtig uns Elektromobilität ist und dass wir versuchen, Hemmnisse abzubauen. Wenn Fragen dazu aufkommen, wollen wir gemeinsam versuchen, Lösungen zu finden.

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