Solingen Einblicke in ein desolates Familienleben

Solingen · Prozess um den Missbrauch eines Kindes: Angeklagter schweigt und so muss das Mädchen aussagen.

Der Vater ihrer Tochter wurde abgeschoben, mit dem Mann, mit dem die heute 35-Jährige dann zwischen 1998 und 2011 zusammen war, bekam sie ein weiteres Kind. Doch dieser Mann hatte im Laufe der Beziehung eine Ehefrau, wurde geschieden und heiratete wieder — allerdings nicht die 35-Jährige, zu der er jedoch regelmäßig Kontakt suchte.

Zum einen, um seinen Sohn zu sehen, zum anderen, weil er das sexuelle Verhältnis zu dessen Mutter über beide Ehen hinweg aufrechterhielt. Die kleine Tochter der 35-Jährigen soll er 2005 mehrfach sexuell missbraucht haben, das Kind war zu diesem Zeitpunkt erst sieben Jahre alt. Deswegen stand der 40-jährige Dreher gestern vor dem Jugendschöffengericht. Zu den schwerwiegenden Vorwürfen schweigt wer, auch nachdem sowohl das Gericht als auch sein Anwalt ihm erklärt haben, wie segensreich es sich auswirken kann, wenn einem möglichen Opfer eine Aussage vor Gericht erspart bleibe.

So musste die heute 14-Jährige gestern umfassend zu den fast acht Jahre zurückliegenden Vorfällen unter Ausschluss der Öffentlichkeit aussagen. Dass die Dinge erst so spät ans Licht kamen, erklärte gestern die Mutter des Mädchens in ihrer Zeugenaussage. Eines Tages hatte sie über einen Chat ihrer Tochter mit einem Freund erfahren, dass sich das Mädchen durch Ritzen der Haut selbst verletzte. Unter Tränen erzählte das Kind der Mutter, dass der langjährige Lebensgefährte sie im Sommer 2005 bei mehreren Gelegenheiten angefasst habe. Die Mutter verständigte die Polizei, das Verfahren kam ins Rollen.

Das Leben mit dem Angeklagten schilderte die 35-jährige Hausfrau gestern als ständiges Auf und Ab, mal habe er sie und die Kinder geschlagen, dann wieder mit Geldzuwendungen unterstützt. Und immer wieder habe es sexuelle Kontakte zwischen ihr und dem Mann gegeben. Im vergangenen Jahr habe sie es nicht mehr ausgehalten und sei zu der neuen Ehefrau ihres Freundes nach Wuppertal gefahren, um sie über das Doppelleben ihres Mannes aufzuklären. Dabei habe sie auch den gemeinsamen Sohn mitgenommen. "Er sagte zu dem Jungen, ich kenne dich nicht, du bist nicht mein Sohn", schilderte die Frau die unsägliche Begegnung.

Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP/rl)
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