Solingen Ein Pakt gegen den Pakt

Solingen · In den Kommunen, die die zweite Runde des Stärkungspaktes Stadtfinanzen finanzieren sollen, regt sich Widerstand, Klagen eingeschlossen. Solingen schnürt ein neues, noch weiter reichenderes Sparpaket.

 Einen schweren Stand hat Innenminister Ralf Jäger (2.v.re.) derzeit beim Mettmanner Landrat Thomas Hendele sowie den Bürgermeistern von Langenfeld, Frank Schneider, und Haan, Knut von Bovert, in Sachen Stärkungspakt Stadtfinanzen.

Einen schweren Stand hat Innenminister Ralf Jäger (2.v.re.) derzeit beim Mettmanner Landrat Thomas Hendele sowie den Bürgermeistern von Langenfeld, Frank Schneider, und Haan, Knut von Bovert, in Sachen Stärkungspakt Stadtfinanzen.

Foto: Kreis Mettmann.

Ist die Partizipation am sogenannten Stärkungspakt des Landes Segen oder Fluch? Wahrscheinlich ein bisschen von beidem. Im Dezember will der Landtag über die erste 350 Millionen schweren Tranche des Hilfspaketes für arme NRW-Kommunen beschließen. Solingen ist anders als Remscheid und Wuppertal bei der ersten Runde nicht dabei (wir berichteten).

Zu den 34 Städten, über die das Landesgeld im kommenden Jahr regnen soll, gehört Sprockhövel. Die sind wegen ihrer Position auf der Rangliste der überschuldeten Städte dabei, müssten aber im zweiten Schritt wegen ihrer hohen Steuerkraft ab 2014 auf Schlüsselzuweisung verzichten. Und so hat Sprockhövels Kämmerer Rainer Kaschel der WAZ Ende August vorgerechnet, dass die 25 000 Einwohner starke Kommune im Ennepe-Ruhr-Kreis unterm Strich sogar 1,2 Millionen mehr zahlt, als sie erhält. Ein Beispiel, das den Stärkungspakt ad absurdum führt. Solche Rechenspiele lässt auch Solingens Kämmerer Ralf Weeke glatte Stirn kräuseln, der nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er die Geld-Verteilkriterien der Landesregierung nicht nachvollziehen kann.

Seine Remscheider Amtskollegin Bärbel Schütte weiß derzeit noch nicht, welche Gegenleistung ihre Stadt erbringen muss, damit sie ab 2012 über fünf Jahre in den Genuss von je 23 Millionen Euro kommt. Klar ist dort schon jetzt, dass das erste Sparkpaket, dass wie das Solinger aus dem Sommer 2010 datiert, nicht ausreichen wird. Ein zweites, weitergehendes muss am 28. Juni 2012 beschlossen werden. Eine weitere Sparrunde wird auch in Solingen folgen müssen. Da ist sich Politik mit der Verwaltungsspitze einig. Doch wo schlummert noch Potenzial, fragen sich viele angesichts der 43 Millionen, die man schon mit dem letzten Haushaltssicherungskonzept jährlich sparen will. Vielleicht hilft ein Blick in die sogenannte Giftliste.

In einer gesonderten Tabelle wurde bei den Bürgern auch der Sparwille bei 30 weitreichenden Vorschlägen nachgefragt: Aufgabe des Theaters und Konzerthauses sowie der Stadtbibliothek, Schließung aller Jugendhäuser oder die nochmalige Erhöhung der kommunalen Steuern. Unterm Strich könnten damit weitere 25,6 Millionen Euro pro Jahr gespart werden. Das öffentliche Leben in der Stadt wäre damit aber so gut wie nicht mehr vorhanden, befanden damals auch viele Bürger.

69 Kommunen sollen zahlen

Zum Vergleich: Für das laufende Jahr rechnet die städtische Kämmerei mit einem Defizit zwischen 60 und 70 Millionen Euro, 2013 und 2014 würden es ohne weiteres HSK noch jeweils rund 35 Millionen sein. 2017 muss der Haushalt ausgeglichen dargestellt werden, will man in der zweiten Runde Hilfe vom Land. Das bedeutet: Es darf nicht mehr ausgegeben als eingenommen werden. Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Ernst Lauterjung steht bislang nur eines fest: "Die "freiwilligen Zuschüsse an Vereine und Verbände sind für uns nicht verhandelbar." Ob der örtlichen Politik diese Spielräume überhaupt noch bleiben werden? Die kreisangehörige Stadt Hattingen, die ebenfalls zu den 34 Nehmer-Kommunen zählt, steht bereits unter Haushaltsaufsicht der Bezirksregierung. Im Sommer war eine Finanzkommission mit Vertretern aus Stadt, Kreis und Bezirksregierung unterwegs, um Sparpotenziale aufzuzeigen.

Zudem ist die zweite Hilfsrunde vom Land alles andere als schon in trockenen Tüchern. Geber-Kommunen wie Düsseldorf, Langenfeld oder auch der Kreis Mettmann liebäugeln öffentlich mit einer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof gegen die Zwangsabgaben. 69 Kommunen sollen zur Kasse gebeten werden.

In Langenfeld etwa, dass sich selbst aus dem eigenen Schuldensumpf gezogen hat, stünde die Schuldenfreiheit auf der Kippe. Langenfelds Kämmerer Detlev Müller will auf die Zusage von Innenminister Ralf Jäger pochen, dass sich aufgrund der zu zahlenden Umlage in keiner der zahlungskräftigen Städte die Finanzsituation verschlechtern darf.

Bisherige Berichterstattung unter www.rp-online.de/Solingen

(RP)
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