Solingen Dunkle Seite eines kriminellen Lebensentwurfs

Solingen · Unter einer gelungenen Lebensführung verstand ein Solinger Ehepaar offenbar etwas gänzlich anderes als der Gesetzgeber. Den beiden Angeklagten, die sich ihren Wohlstand mittels unbezahlter Versandhandelsbestellungen verschaffen wollten, hatte sie jedenfalls saftige Strafen eingebracht.

Zwei Jahre Freiheitsstrafe für den Ehemann und ein Jahr und zwei Monate auf Bewährung für die Ehefrau: Das war schon recht happig, was das Solinger Amtsgericht für sieben vergleichsweise kleinteilige Versandhandels-Betrügereien im Wert von 1000 Euro ausgeurteilt hatte. Der Grund: Das umfangreiche Vorstrafenregister der beiden Angeklagten zeigte die dunkle Seite des kriminellen Lebensentwurfs.

Vier Jahre nach den Taten wurde nun vor dem Wuppertaler Landgericht die Berufung verhandelt. Bei ihm, ein 50-jähriger arbeitsloser Computer-Spezialist, zeigte das Register seit 1994 mehr als 20 Vorstrafen wegen Betrugs, Urkundenfälschung, Diebstahls und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Wegen einer weiteren Betrugsserie sitzt er derzeit in Haft. Sie, 56-jährige Hausfrau, wurde bereits mehrfach wegen Betrugs verurteilt.

Verurteilt worden waren sie wegen leichtfertiger Einkäufe im Internet auf Rechnung, deren Begleichung nie stattfand. Einerseits ging es um Laufschuhe, Lampen und Modeschmuck. Hinzu kamen Vergnügungselektronik, Satellitenempfänger und Zubehör. Bestellt wurde unter unterschiedlichen Firmenbezeichnungen und Namen - auch unter denen zweier darüber empörter Töchter der Angeklagten. Geliefert wurde an die Wohnadresse des Ehepaars in der Kuller Straße, und dort wurde dem Postboten der Empfang der Pakete quittiert. Besonders skurril erwies sich eine Bestellung, bei der die Steuernummer des damaligen Anwalts missbraucht wurde - die sofortige Mandatsniederlegung war die Folge.

Aber warum überhaupt diese Berufung, wo doch ein noch größeres Strafverfahren mit 13 Delikten am Horizont aufscheint ? Der persönliche Hintergrund scheint es zu sein: Das Ehepaar lebt in Scheidung, die Frau hat sich bereits neu verlobt, und es hagelte gegenseitige Schuldzuweisungen. Während die Frau die Berufung zurücknahm, um sich mit der Bewährungsstrafe zu arrangieren, fühlte sich der Noch-Ehemann dadurch vorgeführt.

Während seiner Haft war die Frau aus der Wohnung ausgezogen und hatte all das mitgenommen, was zuvor im Internet bestellt worden war. Dass die Wohnung immer wieder neu eingerichtet wurde, war übrigens auch einer Sozialarbeiterin aufgefallen, die bei den Angeklagten zu Besuch weilte. Vermutlich wegen der acht Kinder, die alle in Pflegefamilien leben. Der Prozess wird fortgesetzt.

(mag)
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