Solingen Droht Kitas Finanzdesaster ?

Solingen · Auch eine Solinger Elterninitiative ist von dem Fördergeld-Stopp für den Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren betroffen. Insgesamt liegen der Stadt Anträge für den Um- oder Ausbau von 31 Einrichtungen vor.

Als Ursula von der Leyen Bundesfamilienministerin wurde, war ihr oberstes Ziel der Ausbau der Kinderbetreuung. Der Bund startete 2008 ein milliardenschweres Ausbauprogramm für Betreuungsplätze für unter Dreijährige. Das Ziel: 2013 für 30 Prozent der Kinder ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr einen Platz vorhalten. Das Geld für den Ausbau sollte über die Bundesländer an die Kommunen verteilt werden.

Land will Härtefällen helfen

In denen wurde geplant, um die Gesetzesvorgabe zu erfüllen. In Solingen gibt es nach den Sommerferien 634 Plätze für Wickelkinder, weit weniger, als Bedarf da ist. Und weil das im ganzen Land so ist, machte das NRW-Ministerium Förderzusage um Förderzusage. Bis es kurz vor der Stabübergabe einen Bewilligungsstopp verfügte, weil die Zusagen die Höhe des Fördertopfes von 512 Millionen Euro bereits überstiegen. Der sollte eigentlich bis 2013 reichen. Zudem sei das Geld nach dem Prinzip verteilt worden, wer zuerst da ist, bekommt es. Eine Förderung, die die Regionen ausgewogen behandele, habe es nicht gegeben, sagte gestern eine Sprecherin des Landes-Familienministeriums auf Anfrage.

Die neue Familienministerin Ute Schäfer (SPD) hat zugesagt, dass es für Härtefälle eine Soforthilfe geben soll. Das am Landschaftsverband Rheinland angesiedelte Landesjugendamt hat dafür drei Millionen Euro zu verteilen. Doch wer ist ein Härtefall? Das regelt ein Erlass der neuen Regierung, der besagt, dass Vorrang die haben sollen, deren U-3 Plätze für das Kita-Jahr 2010/2011 eingerechnet wurden sowie die Neubauten, die auch aus Fördermitteln des Konjunkturpaktes gebaut werden sollen. Das würde in Solingen die beiden Neubauprojekte Augusta- und Schwertstraße betreffen. Für diese hat die Stadt bereits einen Förderbescheid in Höhe von 800 000 Euro. Doch was ist mit all den anderen?

Als von der Leyen die Werbetrommel anwarf, wurden auch in Solingen von der Stadtverwaltung Verbände, Kirchen und Elterninitiativen aufgerufen, ihre Einrichtungen für die Wickelkinder um- oder auszubauen. Und so heißt es im Rathaus, dass 21 Baumaßnahmen beantragt seien sowie weitere zehn vorlägen. Wie viele davon schon begonnen wurden – vielleicht auch ohne Förderbescheid, kann Stadtsprecher Lutz Peters nicht sagen: "Man muss uns dazu keinen Bescheid geben." Und die Sprecherin von NRW-Familienministerin Schäfer sagte: "Die Träger sind aufgefordert worden, schon einmal mit dem Ausbau zu beginnen, auch ohne Förderbescheid. Und viele haben im guten Glauben, dass das Geld fließt, auch tatsächlich begonnen." Das rächt sich nun: Eine Solinger Elterninitiative ist seit gestern im Ungewissen. Ein LVR-Sprecher sagte auf Anfrage, dass diese gestern Kontakt mit dem Landesjugendamt aufgenommen habe, der Antrag auch vorliege, aber derzeit völlig unklar sei, ob zugesagtes Geld tatsächlich werde fließen können. Ob noch weitere Solinger Ausbauprojekte in Gefahr sind, soll nun schnellstmöglich geklärt werden. Das Landesjugendamt soll bei den Jugendämtern in den Kommunen alle U 3-Projekte abfragen. SPD-Ratsmitglied Tim Kurzbach, Mitglied im Jugendhilfeausschuss, versuchte, die Träger zu beruhigen: "Ich bin davon überzeugt, dass letztlich alle das Geld für den U3-Ausbau auch bekommen werden."

Eifrig umgebaut wird derzeit bei der Elterninitiative Kinderladen an der Dorper Straße. Dort will man zum neuen Kita-Jahr nach den Sommerferien eine neue Gruppe installieren: Platz ist dann für zehn Kinder ab zwei Jahren sowie 30 Drei- bis Sechsjährige. Durchatmen kann die evangelische Stadtkirchengemeinde. Die hat das Fördergeld vom Land für den Ausbau der Kita Sternenhimmel sogar bereits erhalten, wie Pfarrerin Jutta Degen auf Anfrage unserer Zeitung gestern mitteilte.

(RP)
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