Solingen Der (vorerst letzte) Frust im Bus

Solingen · Während der Bahnstreiks nutzten etliche Pendler aus Solingen die Linie 782 als Alternative zum Ausfall der S-Bahn "S 1".

 Der Rheinbahnbus der Linie 782 dient während des Bahnstreiks für viele Pendler als Ersatz für die S-Bahn "S 1", die nur im Stundentakt fährt. Zu manchen Zeiten können schon an der Haltestelle Hilden Süd aufgrund Überfüllung keine weiteren Fahrgäste mehr einsteigen.

Der Rheinbahnbus der Linie 782 dient während des Bahnstreiks für viele Pendler als Ersatz für die S-Bahn "S 1", die nur im Stundentakt fährt. Zu manchen Zeiten können schon an der Haltestelle Hilden Süd aufgrund Überfüllung keine weiteren Fahrgäste mehr einsteigen.

Foto: Staschik / Herder

Der Bus ist schon angerollt, da stoppt der Fahrer der Linie 782 an Steig 3a noch einmal und öffnet die vordere Tür. Ein Mann kommt angerannt, steigt ein, löst ein Ticket. "Wie lange brauchen wir denn bis Düsseldorf ?", fragt er. "Eine Stunde, wenn wir keinen Stau haben", antwortet der Fahrer, während er den Blinker setzt. Um Punkt 7.32 Uhr lenkt er seinen Bus langsam von der Haltestelle, während die Fahrgäste einen letzten Blick auf die verwaisten Bahnsteige des Solinger Hauptbahnhofs werfen können. An diesem Morgen der neunten Streikrunde der Lokführer hat sich das Leben der Pendler zum vorerst letzten Mal verlagert: vom Bahnsteig auf den Bussteig, von der S-Bahn in den Bus.

In der Linie 782, die laut Fahrplan in genau 60 Minuten über Hilden zur Düsseldorfer Heinrich-Heine-Allee fährt, beginnt der Arbeitstag für viele ungemütlich: Die rund 50 Sitzplätze sind schon an der Haltestelle Ohligs Markt besetzt. Wer jetzt noch einsteigt, muss stehen. Muss sich zwischen den kleinen Jungen mit dem riesigen Schultornister und das Mädchen mit den Kopfhörern quetschen, zwischen den jungen Mann mit dem Buch und die Frau, die unentwegt aus dem Fester schaut. Die Enge schlägt auf die Stimmung: "Ich will da mal vorbei", fährt ein junger Mann ein Mädchen an. Ein anderer reißt den kleinen Jungen mit dem riesigen Schultornister fast um, als er sich an ihm vorbei drängt. In dem schmalen Gang zwischen der ersten und der zweiten Tür ist jetzt kein Durchkommen mehr.

Djatougbe Agbemegna wundert das nicht: "Von Solingen aus war und ist dieser Bus an Streiktagen ja so ziemlich die einzige Möglichkeit, wenn man pünktlich in Düsseldorf ankommen möchte." Um 8.30 Uhr muss die junge Frau an ihrem Arbeitsplatz in Düsseldorf sein. Sonst nimmt sie immer die S-Bahn. "Das Problem ist einfach, dass die Streiks nur die Bahnfahrer treffen und nicht die, die letzten Endes die Gehälter erhöhen müssten."

Am Hildorado, nach 15 Minuten Fahrzeit, entspannt sich die Situation in der Linie 782, als die Schulkinder aussteigen - aber auch nur kurzfristig, weiß Denise Wolf. "Je näher wir Düsseldorf kommen, desto voller wird es", sagt die junge Frau. An manchen Streiktagen in den vergangenen Monaten seien die Busse an vielen Haltestellen einfach nur noch durchgefahren. Weil sie so voll waren, dass ohnehin niemand mehr hätte einsteigen können. "Ich bin manchmal sogar mit dem Auto nach Mettmann gefahren und von dort aus weiter mit der Regiobahn, denn die fährt immer", erzählt die Hildenerin. Streik macht erfinderisch.

An der Hildener Forstbachstraße muss der Busfahrer warten, um den Gegenverkehr durchzulassen. Vier Minuten Verspätung hat er schon, bei Stau auf der A46 könnte es noch mehr werden. Thomas Pfundstein fährt zum ersten Mal mit dem Bus nach Düsseldorf zur Arbeit, normalerweise nimmt er die S-Bahn. Statt 20 Minuten wie sonst wird er an diesem Tag über eine Stunde zur Arbeit brauchen. "Wenn man das Gefühl hat, dass es bei diesem Streik nur noch um Macht geht, wird es unverständlich. Das Streikrecht ist ein hohes Recht, man sollte es nicht für sich persönlich nutzen und so zweckentfremden", sagt der Höhscheider. "

Ralf Holthaus hat sich Alternativen zur Linie 782 suchen wollen, ehe die Nachricht der Einigung auf ein Schlichtungsverfahren vermeldet wurde: Zwar ist es in seinem Bus - er fährt in Gegenrichtung von Düsseldorf nach Solingen - zumindest nicht überfüllt, er braucht jedoch rund zwei Stunden zu seinem Arbeitsplatz. "Irgendwann hat man kein Verständnis mehr", sagt der Ratinger, bevor er den Bus an Steig 3a verlässt, gleich gegenüber des verwaisten Bahnhofs.

Ab heute geht alles wieder seinen normalen Gang. Weil die Züge wieder wie vorgesehen nach Fahrplan rollen (sollen), entspannt sich auch das Gedränge im Rheinbahnbus der Linie 782. Bis zum nächsten Streik bei der Deutschen Bahn.

(mxh)
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