Solingen Der Burger Brezelbäcker

Solingen · Die Bäckerei Erich Veith in Oberburg ist die letzte Brezelbäckerei in der Klingenstadt. Als gefährdetes Lebensmittel wurde die Burger Brezel nun in die "Arche des Geschmacks" aufgenommen.

Die Anforderungen an den perfekten Burger Brezel sind hoch: Goldbraun sollte das Backwerk sein, knusprig und, ganz wichtig, hart und trocken. Und weil es für die Herstellung eben jener perfekten Burger Brezel keine Maschine gibt, ist jedes einzelne Gebäckstück auch heute noch Handarbeit – und damit arbeits- und zeitintensiv.

Familienunternehmen in Oberburg

Die kleine Bäckerei Erich Veith in Oberburg ist die letzte Brezelbäckerei in der Klingenstadt, in dritter und vierter Generation führen Hans-Dieter (70) und Ingo Zollmarsch (41) das 1899 gegründete Familienunternehmen. Einzig in Wuppertal gibt es noch einen weiteren Brezelbäcker. "Früher gab es hier mehr als 30 Brezelbäcker", erzählt Hans-Dieter Zollmarsch, doch seitdem ist vieles anders geworden: Touristen kommen nur noch sporadisch nach Burg, Laufkundschaft gibt es kaum, die meisten Kunden sind Stammkunden, viele Brezel gehen an Lokale, Kioske oder Bäckereien, die sie weiter verkaufen. Geblieben ist über all die Jahre das familieneigene Rezept für ihre Burger Brezel – und die handwerkliche Tradition, die die Familie pflegt.

"Wir beginnen um sechs Uhr morgens den Teig, einen süßen Hefeteig, zu machen", erzählt Ingo Zollmarsch, "von sieben bis neun Uhr werden die Brezel geformt", jeder einzelne, wohlgemerkt, per Hand, der Brezelknoten wird kunstvoll verdreht. Nach dem Backen folgt eine weitere Besonderheit: Mit einer Feile wird an der Unterseite des Brezels die oberste Schicht abgetragen. "Dadurch wird der Geschmack verbessert, weil das Dunkle immer ein bisschen bitter schmeckt", erklärt Ingo Zollmarsch. Rund 600 kleine Brezel stellt die Familie so täglich her, gebacken wird die Dauerbackware an zwei bis drei Tagen pro Woche.

Große Brezel, sagen Vater und Sohn, backen sie nur noch nach Bedarf – für Kunden in ganz Deutschland: "Wir bekommen oft Anrufe von Solingern, die weggezogen sind, und uns bitten, ihnen für die Bergische Kaffeetafel in Hamburg oder München Brezel zuzuschicken. Die kriegen dann ein Päckchen geschickt." Auf Anfragen fertigen die Brezelbäcker auch Riesen-Brezel mit Jahreszahlen für Geburtstage oder zwei verschlungene Brezel für Hochzeitsfeiern. Die perfekte Art, die perfekte Brezel zu essen, ist dabei unstrittig: "Zu einer Tasse Kaffee, und wer mag zoppt den Brezel in den Kaffee", sagt Ingo Zollmarsch.

Mit dem Wörtchen zoppen allerdings könnten viele der Kunden, gerade die von außerhalb, nichts anfangen, "dann sage ich stattdessen tunken", schmunzelt der 41-Jährige. Wie es weitergeht in der Backstube an der Wermelskirchener Straße, darüber machen sich Hans-Dieter und Ingo Zollmarsch häufiger Gedanken. Immerhin: Mit der 18-jährigen Cecile, der Enkeltochter von Hans-Dieter und der Nichte von Ingo Zollmarsch, steht die nächste Generation schon bereit, sie absolviert gerade ihre Ausbildung zur Bäckerin. "Aber ob sie das eines Tages weitermachen will, weiß man auch heute noch nicht."

Ende des vergangenen Jahres jedenfalls wurde die Burger Brezel in die Arche des Geschmacks des Vereins Slow Food Deutschland aufgenommen, der vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen und Nutzpflanzen ebenso auflistet wie gefährdete handwerklich hergestellte Lebensmittel. "Natürlich ist das gut", sagen Hans-Dieter und Ingo Zollmarsch, "so bekommt der Burger Brezel Aufmerksamkeit und wird nicht vergessen."

(RP)
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