Solingen Das Elend ein wenig lindern

Solingen · Mit dem 64. Afghanistan-Hilfseinsatz des Oberhausener Friedensdorfes kamen 88 Kinder am Samstagabend auf dem Düsseldorfer Flughafen an. Unter den Freiwilligen, die sie in Krankenhäuser in ganz Deutschland fuhren, waren wieder 18 Solinger DRK-Helfer.

 Dr. Reza Hamzavi, Chirurg im St. Josefs Krankenhaus in Hilden, untersucht die beiden Mädchen aus Kabul.

Dr. Reza Hamzavi, Chirurg im St. Josefs Krankenhaus in Hilden, untersucht die beiden Mädchen aus Kabul.

Foto: Kplus-Verbund

Wie fremd müssen die beiden hochgewachsenen jungen Männer auf die beiden kleinen Mädchen wirken, die sie da auf dem Rollfeld des Düsseldorfer Flughafens in Empfang nehmen. Ihre knallroten Jacken mit den Leuchtstreifen sind weithin sichtbar. Routiniert greifen Tim Passauer und Robert Westhofen zu, als sie die neunjährige Sadiqa und die gleichaltrige Basila zum Krankenwagen tragen.

 Tim Passauer ist einer der Freiwilligen des DRK, die die Kinder am Düsseldorfer Flughafen in Empfang nahmen. Die neunjährige Basila brachte er nach Hilden. Er ist schon zum achten Mal für das Friedensdorf Oberhausen im Einsatz.

Tim Passauer ist einer der Freiwilligen des DRK, die die Kinder am Düsseldorfer Flughafen in Empfang nahmen. Die neunjährige Basila brachte er nach Hilden. Er ist schon zum achten Mal für das Friedensdorf Oberhausen im Einsatz.

Foto: Friedensdorf

Die beiden Mädchen sind gerade mit dem 64. Afghanistan-Hilfstransport des Oberhausener Friedensdorfes auf einem abgegrenzten Bereich des Düsseldorfer Flughafens gelandet. Sadiqa und Basila leiden an Osteomyelitis, einer infektiösen Entzündung des Knochenmarks, wie sie hierzulande nahezu nicht mehr vorkommt, in armen Ländern aber noch häufig angetroffen wird.

Viermal ist Basila in ihrer Heimat Afghanistan schon operiert worden, immer wieder kam es zu schmerzhaften Entzündungen. Jetzt hoffen die beiden Mädchen auf Hilfe im Hildener St. Josefs Krankenhaus, wo sie am Abend Dr. Reza Hamzavi in Empfang nimmt. Der Chirurg kommt aus dem Iran und zur Freude der völlig übermüdeten Mädchen kann er sich gut mit ihnen verständigen.

Mit nichts als den Kleidern, die sie tragen, sind die Kinder aus Afghanistan — einige kommen auch aus Tadschikistan, Usbekistan, Armenien und Georgien — in Deutschland angekommen und werden auf Kliniken in ganz Deutschland verteilt oder erst einmal im Friedensdorf in Oberhausen untergebracht, bis ein Klinikplatz bereitsteht.

Den Kindern zu helfen, ist für das DRK Solingen schon seit vielen Jahren Ehrensache. Und so haben sie sich auch am Samstagabend mit sechs Fahrzeugen von der Burgstraße in Richtung Flughafen Düsseldorf auf den Weg gemacht. Sie werden Kinder nach Hilden und Wuppertal, Gelsenkirchen, Mönchengladbach und Wesel bringen. Einige aber fahren in der Nacht zu Sonntag noch bis nach Ahlen, Norden und Celle, um die kranken und verletzten Kinder in die sichere Obhut der Ärzte in den Krankenhäusern zu übergeben.

Viermal im Jahr im Einsatz

"Aus Liebe zum Menschen, man kann so das Elend ein wenig lindern", antwortet Jürgen Borgermann auf die Frage, warum er das tut. Der 65-Jährige ist immer dabei, wenn das Friedensdorf viermal im Jahr Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland holt oder die gesunden Kinder zurück in die Obhut ihrer Familien bringt. Auch Rolf Dieter Feldmann kann die Frage nach dem Warum eigentlich gar nicht verstehen. "Mein Beruf ist Berufung", sagt der 70-Jährige, für den ein Rückzug aufs Altenteil nicht infrage käme.

Die älteren DRK-Freiwilligen haben aber auch längst die jungen infiziert, wenn es um Einsätze für das Friedensdorf geht. Wie den 18-jährigen Karsten Kreizberg und den gleichaltrigen Dennis Bude. Nicht nur das Helfen macht den beiden jungen Männern Spaß, vor allem auch zu sehen, wenn die gesunden Kinder wieder nach Hause fliegen können. Und wenn Karsten Kreizberg seinen Berufswunsch einmal realisiert hat, kann er den Kindern noch auf ganz andere Weise helfen. Der Schüler möcht Chirurg oder Anästhesist werden.

Die Teilnahme an einem solchen Hilfseinsatz ist für Lars Schulz eine der originären Aufgaben des Roten Kreuzes. "Die Leute, die Kriege führen, sollten sich diese Kinder einmal ansehen, dann wäre es vermutlich friedlicher auf unserer Welt", meint der 35-Jährige.

Tim Passauer und Robert Westhofen jedenfalls hoffen sehr, dass sich die Chancen auf ein normales Leben für die Schützlinge des Friedensdorfes nach der Behandlung ein wenig verbessern werden.

(RP)
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