Solingen Costa Concordia: Solingerin von Unglücksschiff gerettet

Unter den Passagieren des in Seenot geratenen Kreuzfahrtschiffes "Costa Concordia" befand sich auch eine junge Solingerin. Die 26-jährige Studentin Natascha Kohl überlebte das Unglück vor der italienischen Küste in der Nacht auf Samstag.

Costa Concordia läuft auf Grund
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"Ihr geht es einigermaßen gut, aber sie steht natürlich noch unter Schock", sagte ihr Vater Michael Kohl am Samstagnachmittag unserer Redaktion. Die 26-jährige Solingerin hatte die Reise lange geplant und sich auf die Kreuzfahrt gefreut. "Meine Tochter hat extra für die Reise gearbeitet", sagte ihr Vater, der am Freitagabend kurz vor 24 Uhr von dem Unglück erfahren hatte. Seine Tochter rief ihn an, um dem bis dahin noch ahnungslosen Vater zu berichten, dass ihr nichts geschehen sei und sie sich in Sicherheit befinde.

Rettungsboote

Zu diesem Zeitpunkt befand sich Natascha Kohl bereits wieder auf der kleinen Insel, von der aus die "Costa Concordia" kurz zuvor in See gestochen war. Rettungsboote hatten die Schiffbrüchigen zurück an Land gebracht. Schon wenige Minuten nach dem Auslaufen hatten die Passagiere bemerkt, dass etwas nicht stimmte. "Das Schiff hatte plötzlich eine extreme Schlagseite", sagte ein anderer Reisender am Samstag unserer Redaktion. Danach ging alles ganz schnell. Menschen rannten zu den Rettungsbooten, und als einige dieser Boote nicht zu Wasser gelassen werden konnten, brach Panik aus. "Es waren schlimme Augenblicke", schilderte der Augenzeuge, der mit seiner Frau die Kreuzfahrt gebucht hatte.

Am Samstag wurde gegenüber dem betroffenen Kreuzfahrt-Unternehmen harte Kritik laut. "Von der Mannschaft haben uns nur die asiatischen Hilfskräfte unterstützt", sagte der Augenzeuge. Dagegen hätten sich die Offiziere schlecht verhalten: "Zwei von denen saßen sogar bei uns im Rettungsboot."

Auch an Land änderte sich zunächst nichts. Nach Berichten von Überlebenden kam von dem Unternehmen kaum Hilfe. Es gab kaum Verpflegung, und die unter den Passagieren verteilten Decken reichten nicht aus. Viele Urlauber mussten die Nacht unter freiem Himmel oder in einer Kirche verbringen, die als Notunterkunft geöffnet wurde.

Wenig Unterstützung

Auch Natascha Kohl bekam zunächst nur wenig Unterstützung. Ihr Vater versuchte derweil in Solingen, mehr über das Unglück zu erfahren. "Ich habe beim Auswärtigen Amt, der Botschaft in Rom sowie beim zuständigen Generalkonsulat in Mailand angerufen", sagte Michael Kohl am Tag nach dem Unglück. Auch er kritisierte den Veranstalter der Kreuzfahrt scharf. So habe dieser auf seiner Internetseite nicht einmal eine Hotline angegeben, an die sich Verwandte und Freunde der Passagiere hätten wenden können.

Eine Zeit lang war die Telefonverbindung zwischen Solingen und Italien untergebrochen, so dass Michael Kohl erst nach Stunden wieder Kontakt zu seiner Tochter bekam. "Sie hatte schreckliche Angst davor, mit der Fähre zum Festland gebracht zu werden", schilderte der Vater, dem es schließlich gelang, die 26-Jährige zu beruhigen. Am Samstagnachmittag brachte die Fähre die Passagiere der "Costa Concordia" zum Festland zurück, wo sich Natascha Kohl zunächst einmal von den Strapazen erholte.

"Wir sind überglücklich, dass ihr nichts Schlimmeres passiert ist", sagte ihr Vater unserer Redaktion. Und auch die Solinger CDU-Politikerin Nicole Molinari zeigte sich erleichtert. Freunde von ihr waren ebenfalls an Bord des Unglücksschiffes gewesen. Molinari erfuhr über Facebook, dass sich die Freunde in Lebensgefahr befanden. "Es war sehr schlimm", sagte sie unserer Redaktion. Molinari verbrachte die Nacht vor ihrem Computer und schaltete den Rechner erst aus, als sie die Freunde in Sicherheit wusste. Insgesamt befanden sich zum Zeitpunkt der Havarie mehr als 4200 Menschen an Bord der "Costa Concordia". Es sind bislang mindestens drei Todesopfer zu beklagen, am Samstagnachnachmittag wurden noch rund 70 Personen vermisst. Die Kreuzfahrt durch das Mittelmeer, die eigentlich sieben Tage hätte dauern sollen, wäre heute zu Ende gegangen.

(jul/jre)
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