Coronavirus und die Folgen in Solingen Deutliche Kritik an Gesundheitsminister Spahn

Solingen · Dürfen Fans zum nächsten BHC-Spiel? Bleiben Schulen offen? Und was machen Firmen? Das Coronavirus lässt zurzeit viele Fragen offen.

 Das wäre den BHC-Spielern sicher am liebsten. Im Dezember feierten Handballer und Fans nach dem Sieg über Nordhorn-Lingen in der Unihalle. Das nächste Spiel ist gegen Leipzig.

Das wäre den BHC-Spielern sicher am liebsten. Im Dezember feierten Handballer und Fans nach dem Sieg über Nordhorn-Lingen in der Unihalle. Das nächste Spiel ist gegen Leipzig.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Die Empfehlung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), im Zuge der Corona-Krise bis auf Weiteres auf Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern zu verzichten, sorgt in der Region für Verunsicherung – und zunehmend auch für Unverständnis. So können vor allem Vereine und Behörden augenblicklich nicht absehen, wie es in den kommenden Tagen und Wochen weitergehen wird, derweil in der Wirtschaft nach wie vor verhaltener Optimismus vorherrscht.

Veranstalter

Deutliche Kritik am Vorgehen der Bundesregierung übte jetzt beispielsweise der Geschäftsführer Sport beim Handball-Bundesligisten Bergischer HC, Jörg Föste. „Die von Gesundheitsminister Spahn genannte Zahl von 1000 Teilnehmern ist komplett willkürlich“, sagte Föste am Montag auf Anfrage. So sei nicht nachvollziehbar, dass bei 1020 Menschen eine Gefahr ausgehen solle, während dies bei einer Teilnehmerzahl von 980 nicht der Fall sei, gab Föste zu bedenken.

Dabei will der BHC mit Blick auf das nächste Heimspiel gegen den SC DHfK Leipzig am Donnerstag kommender Woche in der Wuppertaler Unihalle in enger Abstimmung mit den Behörden entscheiden. „Wir stehen in Kontakt“, versicherte Geschäftsführer Föste, der drei mögliche Szenarien nannte. Einerseits sei es denkbar, dass das Spiel ohne Einschränkungen über die Bühne gehe. Andererseits gebe es aber auch die Option, eine eingeschränkte Zahl von Zuschauern zuzulassen. Und zuletzt wäre eine Verschiebung der Partie möglich.

Stadt

Derweil denken auch die Verantwortlichen im Solinger Rathaus momentan eher von Tag zu Tag. „Fakt ist, dass wir in Solingen weiterhin keinen Corona-Krankheitsfall haben“, sagte eine Sprecherin der Stadt am Montag. Gleichwohl werde man, wenn notwendig, schnell reagieren.

Aus diesem Grund wurden bereits in der vergangenen Woche entsprechende Maßnahmen in die Wege geleitet. So ist eine enge Kooperation mit den Krankenhäusern in der Klingenstadt verabredet, die dann greifen würde, wenn es in Solingen zu bestätigten Erkrankungen beziehungsweise zu Corona-Infektionen käme. Überlegungen, zum Beispiel Schulen zu schließen, sind momentan hingegen nicht akut. Zumal sich die Verwaltung etwa mit Blick auf Öffentliche Verkehrsmittel – ebenfalls die Frage stellt, ab wie vielen Personen Menschenansammlungen gefährlich sind.

Wirtschaft

Die Lieferkette ist noch nicht unterbrochen. „Gleichwohl haben wir umgeschichtet und einen italienischen Zulieferer gegen einen aus der Region zunächst ausgetauscht“, sagte Horst Gabriel, Chef der Emde GmbH und Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Solingen. Denn die Teile werden angesichts der guten Auftragslage beim Zulieferer für die Elektro- und Automobilindustrie dringend benötigt. „Wir wollen eine zweite Schicht aufmachen“, betonte Gabriel mit Blick auf Präzisions-Stanzteile, die in Wald hergestellt werden.

Ohnehin ist es laut Horst Gabriel ratsam, stets auf mehrere Lieferanten zurückgreifen zu können, sollte einer ausfallen. „Man sollte die Lieferketten so gestalten, dass man nicht alle Eier in einem Korb hat“, unterstrich der Chef der Emde GmbH. Noch haben sich bei ihm keine Engpässe ergeben – das Coronavirus bereitet dem Vorsitzenden des Arbeitgeberverbandes dennoch Sorgen: „Wir müssen das Virus ernst nehmen, zumal sich auch Gesunde infizieren können. Nicht auszudenken, wenn wir beispielsweise zwei Wochen nicht arbeiten beziehungsweise produzieren dürften“, so Gabriel.

Wachsam sein, die Mitarbeiter schulen und die Hygienevorschriften beachten – für Horst Gabriel ist dies jetzt wichtig. Insofern hält er es auch für sinnvoll, wenn Großveranstaltungen wie Messen oder Fußballspiele derzeit nicht stattfinden beziehungsweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Agentur für Arbeit

Eine Veranstaltung zur Woche der Ausbildung hatte zuletzt auch die Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal abgesagt. Die für den heutigen Dienstag geplante Infobörse Pflege und Gesundheit wurde gestrichen. „Das wäre mit 200 Leuten unter relativ beengten Verhältnissen die größte Veranstaltung gewesen“, sagte Martin Klebe am Montag. Alle anderen Veranstaltungen sollen aber laufen.

Der Chef der Agentur für Arbeit registriert gleichwohl, dass die Anfragen für Beratungen zu Kurzarbeit im Agenturbezirk Solingen, Wuppertal und Remscheid „deutlich zugenommen haben“. Seit Anfang März seien es 30 Unternehmen gewesen. „Messebauer oder auch Hotels waren darunter“, berichtete Klebe. Das heiße aber nicht, dass Kurzarbeit eingeführt werde.

Kurzarbeit soll helfen, den Arbeitnehmern speziell in konjunkturschwachen Zeiten ihre Arbeitsplätze und den Betrieben die eingearbeiteten Mitarbeitenden zu erhalten. „Aus unserer Sicht und nach Gesprächen mit Unternehmen halten die Lieferketten noch wenigstens zwei bis drei Wochen“, sagte Klebe. Man müsse schauen, wie sich das Thema Coronavirus weiter entwickelt. „Die Auswirkungen können aber jederzeit zu einer Zunahme von Kurzarbeit führen“, betonte der Agentur-Chef.

So weit ist es noch nicht. Die Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal ist jedoch vorbereitet. „Wir halten die Hürden für Kurzarbeit gering. Diese kann auch online beantragt werden“, so der Chef der Arbeitsagentur. Auch die Politik sagt den Unternehmen bei Kurzarbeit Hilfe zu. Arbeitgeber sollen – anders als heute – beispielsweise die Sozialbeiträge für die ausgefallenen Arbeitsstunden voll erstattet bekommen.

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