Vorfall in Solinger Impfstation Johnson gewünscht – Biontech bekommen

Solingen · Ein Solinger ärgert sich über einen Fehler in der städtischen Impfstelle, der ihn Zeit und Geld kostet. Er bekam nicht das gewünschte Vakzin. Das Gesundheitsamt ordnet die Abläufe neu.

 In den Clemens-Galerien können sich Solingerinnen und Solinger seit dieser Woche impfen lassen.

In den Clemens-Galerien können sich Solingerinnen und Solinger seit dieser Woche impfen lassen.

Foto: Fred Lothar Melchior

Das schwarze „J. u. J.“ war eigentlich nicht zu übersehen. Geschrieben mit der dicken Mine eines Edding-Stiftes, bekräftigte der handschriftliche Vermerk noch einmal, was ohnehin auf dem Merkblatt stand: Es ging um den Vektor-Impfstoff von Johnson & Johnson. Deshalb war Martin Ramuschat auch im festen Glauben, ihn wie gewünscht erhalten zu haben – bis die Ärztin in der neuen städtischen Impfstelle in den Clemens-Galerien ihn auf den Folgetermin in drei bis sechs Wochen hinwies. Der gebürtige Solinger hatte das Präparat von Biontech erhalten.

„Ich kann es nicht rückgängig machen und bin jetzt gezwungen, in drei Wochen noch einmal hinzugehen“, ärgert sich der 29-Jährige. Das Präparat von Johnson & Johnson, das in der Impfstelle neben denen von Biontech und Moderna angeboten wird, hatte Martin Ramuschat sich ganz bewusst ausgesucht. Ihm gefiel, dass es schon nach zwei Wochen wirkt und dass nur eine Impfung bereits einen relativ hohen Schutz garantieren soll.

„Ich möchte von den 3G-Zwängen befreit werden und etwas Normalität zurückgewinnen“, erläutert Ramuschat, warum er sich jetzt impfen ließ. Vor vier Monaten wurde der Solinger Vater einer Tochter, die er gerne zum Babyschwimmen begleiten würde. „Da zahle ich momentan mehr für den Corona-Test als für den Eintritt ins Hallenbad.“

 Das schwarze „J. u. J.“  auf der Einwilligungserklärung von Martin Ramuschat markiert, dass er Johnson und Johnson als Impfstoff erhalten sollte.

Das schwarze „J. u. J.“  auf der Einwilligungserklärung von Martin Ramuschat markiert, dass er Johnson und Johnson als Impfstoff erhalten sollte.

Foto: Martin Ramuschat

Dass er jetzt noch länger auf seine Freiheit warten muss, auch beim Kino- oder Restaurantbesuch, wurmt ihn. „Die Ärztin hat fahrlässig gehandelt“, sagt er. Während sie noch die Papiere studierte, habe eine Medizinische Fachangestellte ihn schon geimpft. „Mir wurde aus Routine ein anderes Vakzin gegeben.“ Statt einer Entschuldigung seien danach nur Beschwichtigungen gekommen: Es sei doch nicht so schlimm, und Biontech sei ohnehin der bessere Impfstoff, den „alle hier haben wollen“. Johnson & Johnson sei doch eher für Menschen, die sich den Termin für die Zweitimpfung nicht merken könnten.

„Nach langer Diskussion musste ich dann die Einwilligung für den mRNA-Impfstoff unterschreiben, ohne jedoch vorher einen Aufklärungsbogen gesehen zu haben“, berichtet der junge Mann. Auf seine telefonische Beschwerde beim Gesundheitsamt habe sich eine Mitarbeiterin bei ihm entschuldigt. Ramuschat sprach auch mit Guido Krämer, dem Sachgebietsleiter der „Corona-Unit“ und Leiter der Impfstelle. Der Stadtdienst Gesundheit gab gestern Nachmittag eine Erklärung heraus – und fand eine Lösung, die Martin Ramuschat zumindest keine finanziellen Nachteile bringt. Der 29-Jährige soll kostenlos getestet werden, „bis sein vollständiger Immunschutz erreicht ist“.

Welcher Impfstoff verabreicht werde, liege im Verantwortungsbereich der Ärztin oder des Arztes, unterstreicht der Stadtdienst. Die Mediziner hätten sich „vor der Impfung davon zu überzeugen, dass der richtige Impfstoff verwendet wird“. Um eine Wiederholung eines solchen Fehlers weitestgehend ausschließen zu können, baut die Stadt aber auch Schranken ein: „So werden künftig beispielsweise die Impfstoffe der beiden oben genannten Hersteller grundsätzlich in zwei separaten und entsprechend beschrifteten Impfkabinen verabreicht. Auch wird der Strom der Impflinge nun durch einen Sicherheitsdienst gelenkt.“

Den gab es auch in der Impfzentrale im Kaufhof-Gebäude. Während dort aber in bis zu zehn Kabinen hunderte von Solingern geimpft wurden, sind es in der Impfstelle in den Clemens-Galerien deutlich weniger: In den zwei Kabinen wurden am Montag und Mittwoch jeweils 79 und am Dienstag 96 Impfwillige gezählt. Die Ärztin, die das Vakzin von Biontech spritzen ließ, habe sich, so das Gesundheitsamt, laut Kassenärztlicher Vereinigung „jedenfalls ausdrücklich für die Verwechslung des Impfstoffes entschuldigt“. Bei über 220.000 Impfungen sei kein ähnlicher Fall bekannt.

„So bedauerlich die Verwechslung auch ist – aus medizinischer Sicht entsteht dem Betroffenen kein Nachteil“, bilanziert der Stadtdienst Gesundheit. Er werde wohl keine bleibenden Schäden davontragen oder unter Nebenwirkungen leiden, resümiert auch Martin Ramuschat. Dass „bei einer solch sensiblen Thematik aber so verantwortungslos und fahrlässig gehandelt wird, darf meiner Meinung nach nicht so einfach passieren.“

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