Prozess Bewährungsstrafe gegen Solinger Polizist vom Gericht bestätigt

Sechs Jahre lang kämpfte ein Polizist gegen eine Bewährungsstrafe von acht Monaten. Im Dienst soll er einen betrunkenen jugendlichen Randalierer vorsätzlich niedergeschlagen und schwer verletzt haben.

Bewährungsstrafe gegen Solinger Polizist vom Gericht bestätigt
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Begleitet wurde das Verfahren durch einen Sturm voller Hass in den sozialen Netzwerken. Eine ruhige und zielgerichtete Verhandlungsführung hatte diesen Anfeindungen von außen bereits die Spitzen nehmen können. Die Zeugenaussagen und Videoaufzeichnungen wurden inmitten der jetzigen Beweisaufnahme nochmals  analysiert, die Abläufe des Vorfalls vor der Wache in Wald durch Zeugen aufgedröselt.

Der Kläger war damals 17 Jahre und stark betrunken. Die Leiterin der Wache bestätigte den Auftrag an den angeklagten Polizisten, den Randalierer zurück in die Wache zu bringen – es sei keine willkürliche Maßnahme gewesen. Ein Polizeitrainer attestierte die korrekte Vorgehensweise bei der Festnahme und führte sie sogar vor. Der Arzt, der schon vorher bei der Blutprobe vorherige Schrammen untersucht hatte, sah keine nennenswerten neuen Verletzungen, die einen Krankenwagen notwendig gemacht hätten. Der viertägige Aufenthalt im Krankenhaus sei eine reine Vorsichtsmaßnahme ohne akuten Anlass gewesen.

Und die Aussagen beider Eltern? „Mein Sohn wurde von hinten heimtückisch niedergeschlagen und verprügelt. Das war ein Gemetzel, das überhaupt nicht mehr aufhörte“, erregte sich der Vater. Das Gericht ließ sich davon nicht beeindrucken, die geschilderten Grausamkeiten passten so gar nicht in den zeitlichen Ablauf. Nach den Videos hatte der gesamte Vorfall kaum länger als eine Minute gedauert.

Bis dahin lief alles positiv für den Angeklagten. Aber: Die letzten Sekunden des Videos sah das Gericht negativ. Es las aus den wiederholten Vorführungen der unscharfen Szenen am oberen Rand ein Torkeln statt eines gegen den Polizisten erhobenen Arms. Der Kläger könnte sich in diesem Augenblick beruhigt haben, so das Gericht – auch wenn er vorher noch gepöbelt, gedroht und beleidigt hatte. Dies hätte der Polizist in der Dunkelheit auch blitzschnell so erkennen und seinen Auftrag abbrechen sollen.

Ein Fehlverhalten in den letzten drei Sekunden? Diese Annahme reichte dem Gericht aus, um die Schuld des Polizisten festzustellen. Aus der vorsätzlichen wurde jetzt eine minder schwere Körperverletzung, und die Strafe wurde von den erstinstanzlichen acht Monaten auf sechs Monate mit Bewährung herabgesetzt. Betroffenheit war beim Angeklagten schon zu spüren – und er war nicht der einzige, der sich nach diesem Urteil fragte, wie er binnen Sekunden hätte erkennen sollen, dass der zuvor wild herum springende und pöbelnde Randalierer zur Ruhe gekommen sei. Der Verteidiger des Angeklagten kündigte bereits an, erneut in Revision gehen zu wollen.

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