Solingen Bergischer Dreiklang am Ende

Solingen · Noch vor ein paar Monaten stand die Wuppertaler Stadtspitze mit den anderen Mitgliedern des Aktionsbündnisses "Raus aus den Schulden" Schulter an Schulter zu den Zielen, dass alle hoch verschuldeten Kommunen Geld vom Land bekommen sollten. Doch die Zeiten sind vorbei, seit klar ist, dass Wuppertal anders als Solingen noch in diesem Jahr in den Genuss von Landes-Millionen aus dem Stärkungspakt kommt.

Und so war denn auffällig, dass die sonst bei den Bündnis-Treffen so eifrig anwesenden Wuppertaler Vertreter bei einem Gespräch am Donnerstag mit Innenminister Ralf Jäger durch Abwesenheit glänzten. Zuletzt hatte Wuppertals OB Peter Jung (CDU) der rot-grünen Landesregierung gar eimerweise Honig ums Maul geschmiert, weil seine Stadt aus dem Landestopf 60 Millionen Euro jährlich bekommen soll. Remscheids Stadtdirektor Burkhard Mast-Weisz war hingegen dabei, obwohl Remscheid schon im ersten Rutsch Geld bekommen soll.

Die Abwesenheit von Jung, seines Zeichens Vorsitzender des NRW-Städtetages, wollte Solingens Oberbürgermeister Norbert Feith gestern nicht kommentieren, wohl aber fürchtet er insgesamt um die Solidarität innerhalb des Bündnisses: "Es besteht die Gefahr, dass es zu einer Dreiteilung der bedürftigen Kommunen kommt." Die 34, die – wie Wuppertal und auch Remscheid – im ersten Schritt Geld bekommen sollen, die, die im wohl folgenden zweiten Schritt zu den möglichen Nutznießern zählen könnten – wie Solingen und Leverkusen – und die, die auch dann noch leer ausgehen. Der Ansatz des Bündnisses ist hingegen, dass alle Kommunen mit Hilfe bedacht werden, die sich im Nothaushalt befinden.

Und so sah ein Kompromissvorschlag aus den Bündnis-Reihen an den Innenminister vor, dass zu den 350 Millionen, die das Land ab diesem Jahr erst mal jährlich zur Verfügung stellt, und den 310 Millionen, die von zahlungskräftigen NRW-Kommunen ab dem kommenden Jahr hinzukommen sollen, das Land noch einmal finanziell nachbessert. Leverkusens Kämmerer Rainer Häusler (SPD) nannte eine Verteilungssumme von dann 700 Millionen Euro für möglich. Oberbürgermeister Norbert Feith würde sich eine pragmatische und schnelle Lösung für diesen Herbst wünschen. Denn er hat die Sorge, dass das Bündnis sonst nur noch weiter auseinander bröselt: "Wenn wir das jetzt nicht mit einer großen Mehrheit im Land hinbekommen – wie übrigens beim Schulfrieden mit der CDU vorgemacht –, habe ich die Sorge, dass das Thema Sanierung der Kommunalfinanzen zerschießt."

Auch Sparkasse schießt quer

Zerschießen kann auch noch ganz was anderes: Wer noch einmal das Redemanuskript von Solingens Oberbürgermeister Norbert Feith für den Wirtschaftsempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) genau nachliest, dem fällt auf, dass diese mit reichlich Spitzen gegen den größten direkten Nachbarn gespickt war, mit dem man verwaltungsseits in vielen Bereichen – wie Gesundheit, Veterinäramt und Feuerwehrleitstelle – kooperiert. IHK-Präsident Friedhelm Sträter hat als Außenstehender eine ähnliche Sicht der Dinge. Beim Herbstempfang der Wirtschaft in Remscheid hatte er Wuppertal als den größten Bremser bei Kooperationen ausgemacht, das sehr auf die eigenen Interessen achte.

Noch traut es sich niemand offen auszusprechen, aber letztlich steht jetzt die einst so gepriesene bergische Dreieinigkeit auf dem Spiel, und aus dem Trio könnte bald ein Duo aus Solingen und Remscheid werden, das zusammen ans Rheinland andockt. Denn ein Verhandeln der drei Städte auf Augenhöhe gehört nach Informationen unserer Zeitung inzwischen der Vergangenheit an, immer wieder spiele Wuppertal als einwohnerstärkste Stadt mit den Muskeln, heißt es (noch) hinter vorgehaltener Hand.

Nach den per Alleingang von Peter Jung beerdigten Fusionsplänen der beiden Orchester steht derzeit wohl das Wuppertaler Engagement bei der Bergischen Entwicklungsagentur, die ihren Sitz in Solingen hat, zur Disposition. Offen will das allerdings niemand zugeben. Aber letztlich beschreitet Wuppertal schon eigene Wege, etwa bei der Akquise von Fördermitteln mit einer eigens gegründeten Stabsstelle. Und auch bei der Weiterentwicklung von Schloss Burg bremst Wuppertal.

Dort im Rathaus soll man sich die Hände gerieben haben, dass es ausgerechnet die Solinger Stadt-Sparkasse war, die in der letzten BEA-Gesellschaftersitzung mit Hinweis auf das Sparkassengesetz – und ohne vorherige Absprache mit Norbert Feith, Sparkassenrat-Vorsitzenden und zugleich Vorsitzender BEA-Gesellschafterversammlung – darauf gepocht haben sollte, den finanziellen Einsatz als Mitgesellschafter in Höhe von 100 000 Euro keinesfalls erhöhen zu wollen. Manchmal braucht man also gar nicht erst die Stadtgrenze übertreten, um Querschläger abzubekommen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort