Bergische Kunstausstellung in Solingen Die Poesie der kleinen Dinge

Solingen · Filiz Özcelik wurde am Freitagabend neben Thomas Lange mit dem Kunstpreis der 76. Internationalen Bergischen Kunstausstellung ausgezeichnet. Ein Porträt.

  Filiz Özcelik vor   einer ihren Arbeiten im Kunst  museum

Filiz Özcelik vor einer ihren Arbeiten im Kunst museum

Foto: Güdny Schneider-Mombaur

Eigentlich wollte Filiz Özcelik Modedesign studieren. Sie begann ihr Studium 2007 an der Fachhochschule Bielefeld, merkte jedoch sehr schnell, dass sie für ihre künstlerischen Ideen mehr Freiheit brauchte und wechselte zum Schwerpunkt Freie Graphik und Kommunikationsdesign. Dort entdeckte sie die Druckgraphik für sich, eine Technik, die auch in ihren aktuellen Werken noch zum Tragen kommt. „Um meine Arbeit weiter zu vertiefen, habe ich mich an der Kunstakademie in Düsseldorf beworben“, erzählt die gebürtige Bielefelderin. Von 2011 bis 2019 studierte sie bei Prof. Rosemarie Trockel und Prof. Tomma Abts.

Die druckgraphischen Blätter der Bielefelder Zeit entwickelten sich im Laufe des Studiums in Düsseldorf zu Papiercollagen. Außerdem arbeitete Özcelik mit den Druckstöcken selbst, also den Linolplatten und PVC Platten. Materialcollagen entstanden, bei denen sogar der aus der Bibliothek der Kunstakademie entfernte Linoleumboden eine künstlerische Auf- und Umwertung erfuhr.

Die jetzt in der 76. Internationalen Bergischen Kunstausstellung prämierten Wandinstallationen stammen aus den letzten beiden Jahren. Arbeitsaufenthalte in Brüssel und Paris gaben Anstöße zu künstlerischen Weiterentwicklungen. In Brüssel entdeckte die Preisträgerin nach eigenen Angaben eine neue erdgebundene Farbigkeit, die sie jetzt für ihre dreidimensionalen reliefartigen Wandinstallationen nutzt. „Alles war beige und naturfarben im Atelier und der Umgebung, einem Vorort von Brüssel. Ich wollte, dass sich meine Arbeiten dort farblich integrieren“, erklärt die Kunstpreisträgerin.

Fliesen, Bruchstücke von zerstörten Kacheln, Fundstücke aus Holz und PVC überzieht sie mit Druckfarben in Erdtönen. Helligkeiten und Dunkelheiten erscheinen mitunter wie Lichtflecken, die über die Formteile wandern. Sie arrangiert in langwierigen Prozessen die bedruckten Materialfragmente zunächst am Atelierboden. Dann fixiert sie die Einzelteile an der Wand, ohne jegliche Rahmung oder Bildträger. Die weiße Wand erzeugt Leerstellen, Negativformen, die Teil des Ganzen sind und der Komposition Luft und Raum geben.

Die von ihrem winzigen temporären Pariser Atelier inspirierten Wandinstallationen zeichnen sich durch eine zunehmende Kleinteiligkeit aus. Die verwendeten Materialien und Dinge sind detailreicher und unterschiedlicher. Es gibt kleine Metallteile, beweglich arrangierte Metallketten, winzige Spielfiguren, Schmucksteine, rundes und quadratisches Keramikmosaik, Holzstäbchen und Tonformen. Gefundenes gesellt sich zu Gekauftem und selbst Hergestellten. Filiz Özcelik erlaubt sich eine größere Gestaltungsfreiheit, die Arbeiten wirken rhythmischer und bewegter. Im Fokus steht das Zusammenhalten der Formen genauso wie das partielle Auflösen der Gesamtform. Das Auge des Betrachters springt von der Feinstruktur zur Großstruktur und zurück. „Alle Einzelteile sind kompositionell miteinander verbunden, keins kann entfernt werden, ohne die Gesamtstruktur zu zerstören“, erläutert Özcelik.

Die Poesie der kleinen Dinge, die Schönheit im Fragment, der Reiz der Alltäglichkeiten und ein Gespür für Komposition machen die Faszination der Installationen der Kunstpreisträgerin aus. Die feierliche Übergabe des 76. Internationalen Kunstpreises an Filiz Özcelik und Jonas Hohnke, den weiteren Preisträger, fand gestern durch Dr. Thomas A. Lange von der National-Bank im Kunstmuseum statt.

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