Zinsen, Laufzeit, Tilgung Diese acht Fehler machen Solingens Bauherren

Solingen · Nachdem die Zinsen angestiegen und auch die Kosten für Baumaterial gewachsen sind, müssen private Bauherren auch neu rechnen. Die Solinger Banken verraten, worauf zu achten ist und welches die größten Fehler sind.

Baustelle. Geplant sind an der Löhdorfer Straße vier Doppelhaushälften und drei Reihenhäuser. Olaf Jansen GmbH.

Baustelle. Geplant sind an der Löhdorfer Straße vier Doppelhaushälften und drei Reihenhäuser. Olaf Jansen GmbH.

Foto: RP/Alexandra Rüttgen

Die Baufinanzierungsberater der Solinger Banken sind derzeit die Überbringer schlechter Nachrichten. Denn die Jahre geringer Zinsen scheinen vorbei zu sein. Zusammen mit der Inflation führt das bei privaten Bauherren zu Finanzierungskosten, die diese kaum noch stemmen können.

„Viele erschrecken vor den Raten, die sie zahlen müssen und legen den Rückwärtsgang ein“, hat Oliver Wenzel, Leiter des Baufinanzierungsbereichs bei der Volksbank im Bergischen Land beobachtet. Das allerdings auch deshalb, weil Bauwillige manchmal mit falschen Vorstellungen an die Sache herangehen. „Da müssen wir die Kunden dann auch vor sich selbst schützen“, sagt der Fachmann. Wenzel und Sebastian Greif, Vorstandsmitglied der Stadt-Sparkasse Solingen, erläutern, was Bauwillige falsch machen und womit sie buchstäblich rechnen müssen.

Fehler Nummer 1: Eine zu teure Immobilie

„Im Hinblick auf die aktuelle Zinslandschaft erleben wir immer wieder, dass das vorhandene Budget über-, aber auch unterschätzt wird“, hat Sebastian Greif beobachtet. Das habe zur Folge, dass Bauwillige nach Immobilien im falschen Preissegment suchen. Manche Kunden unterschätzen zum Beispiel die monatlichen Fixkosten einer größeren Immobilie oder sind von den Auswirkungen des starken Zinsanstiegs überrascht.

 Sebastian Greif, Vorstandsmitglied der Stadt-Sparkasse Solingen.

Sebastian Greif, Vorstandsmitglied der Stadt-Sparkasse Solingen.

Foto: Peter Meuter

Fehler Nummer 2: Die Finanzierungssumme unterschätzen

Oliver Wenzel rechnet vor: Bei einem 40 bis 50 Jahre alten Einfamilienhaus von 100 bis 120 Quadratmetern Wohnraum erfordern „die Sanierungszwänge, die die Regierung verhängt“ – eine Modernisierung zum Beispiel von Heizung, Wärmedämmung und Fenstern. Zu dem Kaufpreis müssen also noch die Kosten für die Sanierung hinzugerechnet werden. „Und die sind schnell in einem sechsstelligen Bereich. Auch das muss man mitdenken.“

Fehler Nummer 3: Die Belastung der Tilgung unterschätzen

Durch das gestiegene Zinsniveau ist die monatliche Belastung deutlich gestiegen. Greif rechnet vor: „Während wir vor Kurzem noch ein Reihenhaus für 400.000 Euro bei einem Prozent Zins und zwei Prozent Tilgung für monatlich 1000 Euro finanzieren konnten, liegt die Belastung heute mit 4,5 Prozent Zins und einem Prozent Tilgung bei 1.830 Euro.“ Parallel steigen die Lebenshaltungskosten durch die weiterhin hohe Inflation. Hinzu komme, dass Bau- und Grundstückskosten sowie die Kosten für Bestandsimmobilien weiterhin auf einem hohen Niveau sind.

 Oliver Wenzel, Leiter des Baufinanzierungsbereichs der Volksbank im Bergischen Land.

Oliver Wenzel, Leiter des Baufinanzierungsbereichs der Volksbank im Bergischen Land.

Foto: Volksbank

„Die tatsächlichen Kosten für einen Immobilienerwerb und die laufende monatliche Belastung liegen somit oftmals über dem, was die Kunden erwarten.“ Dazu hat Greif einen Tipp: „Bei Unsicherheit in Bezug auf die monatliche Belastung empfehlen wir, die Rate für ein paar Monate als Sparrate zu proben – so entsteht ein guter Eindruck, wie die finanziellen Möglichkeiten im Alltag aussehen.“

Fehler Nummer 4: Noch von der Möglichkeit einer Ein-Prozent-Tilgung ausgehen

Oliver Wenzel von der Volksbank rechnet vor: Bei einem Objekt im Wert von 300.000 Euro bei derzeit vier bis fünf Prozent Kreditzinsen und zwei Prozent Tilgung kommen private Immobilienkäufer derzeit auf eine monatliche Belastung von 1500 Euro. Hinzu kommen rund 30.000 Euro an Nebenkosten für das Objekt wie etwa Makler-, Notar- und Gerichtsgebühren, die nicht finanziert werden sollten. Diese Belastung ist für viele Familien zu hoch. Eine Ein-Prozent-Tilgung wie zu Zeiten niedrigster Kreditzinsen ist heute nicht mehr möglich, warnt Wenzel.

Fehler Nummer 5: Glauben, dass die Finanzierung einer Immobilie in etwa so teuer ist wie die Miete

Weil es wegen der hohen Kosten in Solingen kaum noch Neubauprojekte gibt, hat sich die Nachfrage auf Gebrauchtimmobilien verlagert, sagt Oliver Wenzel. Zwar steige auch der Mietpreisspiegel, „aber die Finanzierungsrate für Immobilien ist immer noch größer.“

Fehler Nummer 6: Zu wenig Eigenkapital

Laut Oliver Wenzel ist eine Finanzierung ohne Eigenkapital, wie sie in der Niedrigzinsphase noch möglich war, nicht mehr denkbar. Seine Faustregel: Ein Bauprojekt oder der Kauf einer Gebrauchtimmobilie kann nur gestemmt werden, wenn die Kunden 20, noch besser 30 Prozent an Eigenkapital aufbringen.

Fehler Nummer 7: Zu lange Laufzeiten

Viele Bauherren überlegen, die Kredite für ihre Immobilie über einen Zeitraum von 40, 45 Jahren abzustottern. Doch davon raten die Experten ab: Eine Laufzeit von 30 Jahren ist realistischer. Es gilt: je länger, desto riskanter. Denn: „In einer so langen Zeit kann viel passieren.“

Fehler Nummer 8: Sich nicht von Eltern oder Großeltern helfen lassen

„Die Eigenkapitalbeschaffung über die Eltern hält wieder Einkehr“, sagt Oliver Wenzel. Banken bieten Beratung über die Möglichkeit eines vorgezogenen Erbes an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort