Baudenkmäler in Solingen Die Evangelische Kirche – ein Glücksfall für Wald

Solingen · Über 1000 Jahre gibt es das älteste Gebäude Solingens. Die Denkmalstiftung bekam zuletzt zwei wichtige Preise. Und die Arbeiten gehen weiter.

 Um den Erhalt des Gotteshauses engagiert sich seit 1999 der Verein „Denkmalstiftung Walder Kirche“.

Um den Erhalt des Gotteshauses engagiert sich seit 1999 der Verein „Denkmalstiftung Walder Kirche“.

Foto: Peter Meuter

Es ist heute kaum mehr vorstellbar. Aber es gab Zeiten, da schoben sich rund 25.000 Autos pro Tag durch die Friedrich-Ebert-Straße in Wald. Selbst schwere Laster mussten vor dem Ausbau einer Umgehungsroute den Weg direkt durch das Zentrum des Stadtteils nehmen – und das blieb wiederum nicht ohne Folgen. Denn durch die Erschütterungen der vielen Fahrzeuge wurde die Fassade der Evangelischen Kirche so sehr in Mitleidenschaft gezogen, so dass am Ende eine Sanierung des historischen Gemäuers unumgänglich erschien.

Vielleicht waren die durch den Verkehr entstandenen Schäden aber auch ein Glücksfall für Wald. Weil für die Instandsetzung der Kirche damals, Ende der 1990er Jahre, rund eine Million D-Mark veranschlagt wurden, rief 1999 eine Gruppe von Bürgern die Denkmalstiftung Walder Kirche ins Leben. Dieser ist es mit zu verdanken, dass das Baudenkmal in der Mitte des Stadtteils, dessen erste Erwähnung aus dem Jahr 1019 datiert, nach inzwischen über 1000 Jahren heute in neuem Glanz erstrahlt.

Und nicht nur das. So erhielt die Denkmalstiftung in den zurückliegenden zwei Jahren gleich zwei Preise. Erst im Herbst bekam der Verein in Berlin den Deutschen Preis für Denkmalschutz, die höchste Ehrung in diesem Bereich, rückwirkend für das Jahr 2020 überreicht, nachdem Dr. Hans-Joachim Müller-Stöver als Vorsitzender der Denkmalstiftung Walder Kirche bereits im Sommer den mit 1000 Euro dotierten „Rheinlandtaler“ als Preis des Landschaftsverbands Rheinland entgegen genommen hatte.

 Der Verein „Denkmalstiftung Walder Kirche“ erhielt in Berlin den Deutschen Preis für Denkmalschutz.

Der Verein „Denkmalstiftung Walder Kirche“ erhielt in Berlin den Deutschen Preis für Denkmalschutz.

Foto: DWK

Honoriert wurde damit das Bemühen, die Walder Kirche nicht nur als Denkmal zu erhalten, sondern zu einem Ankerpunkt der Menschen im Stadtteil zu machen. „Bei dem Rheinlandtaler geht es auch darum, das bürgerschaftliche Engagement auszuzeichnen“, sagt Hans-Joachim Müller-Stöver, der dem Verein seit dessen Gründung vor nunmehr 22 Jahren vorsteht – und sich noch genau daran erinnern kann, wie alles anfing.

„Es ging darum, einen Weg zu finden, mit dem die Sanierung bewerkstelligt werden konnte. Denn die Kirche selbst war auch damals schon nicht mehr in der Lage, die Kosten zu tragen“, berichtet Müller-Stöver. Tatsächlich gewährte die Kreissynode der evangelischen Kirche Solingen dem neu gegründeten Verein schließlich ein zinsloses Darlehen über die besagten eine Million Mark, das über 20 Jahre zurückgezahlt werden sollte und das zum Ausgangspunkt der späteren Entwicklung wurde.

 Die Bestuhlung ist inzwischen restauriert worden. Mittelfristig soll der Innenraum einen neuen Anstrich erhalten.

Die Bestuhlung ist inzwischen restauriert worden. Mittelfristig soll der Innenraum einen neuen Anstrich erhalten.

Foto: Guido Radtke

So fußt das Modell Denkmalstiftung Walder Kirche auf mehreren Säulen. Zum einen sind es die 25 Mitglieder sowie die rund 80 Fördermitglieder, die mit ihren Beiträgen den Verein unterstützen. Des Weiteren ist der Verein aber auch im Leben des Stadtteils aktiv, beteiligt sich an Festen sowie Veranstaltungen und generiert auf diese Weise – etwa durch den Schneekugel-Verkauf – weitere Einnahmen. Und längst sind auch Spenden und Erbschaften zu einem Bestandteil geworden.

All das führte mit dazu, dass die Denkmalstiftung das erwähnte zinslose Darlehen pünktlich nach 20 Jahren zurückgezahlt hatte. Doch ans Aufhören denken Hans-Joachim Müller-Stöver und seine Mitstreiter nicht. Denn auch in den kommenden Jahren gehen die Arbeiten an der Evangelischen Kirche weiter, die seit 1985 unter Denkmalschutz steht.

So wurde zuletzt die Bestuhlung  der Kirche restauriert. „Die hatte es mal wieder nötig“, sagt Müller-Stöver, der damit eine Art Konjunkturpaket für die Walder Wirtschaft verband. Nach einer Absprache mit den mit Denkmalschutz betrauten Behörden bekamen nämlich örtliche Handwerkerbetriebe den Auftrag, die alten Stühle, die aus den 1960er Jahren stammen, auf Vordermann zu bringen.

Gleichwohl bleibt weiterhin viel zu tun. Beispielsweise steht in den kommenden Jahren ein neuer Anstrich im Kirchen-Innenraum an, hat dieser doch ebenfalls seit über 50 Jahren keine frische Farbe mehr gesehen. Und auch der Fußboden auf der Empore bedarf in absehbarer Zeit einer umfassenden Restaurierung.

Insgesamt veranschlagen Hans-Joachim Müller-Stöver sowie die anderen Mitglieder der Denkmalstiftung dafür einen Zeitraum von zehn bis 15 Jahren. Genaueres soll ein Gutachten ergeben, das zur Zeit zum Zustand der Kirche erstellt wird und das im nächsten Frühjahr vorliegen könnte. Müller-Stöver: „Für uns ist es zum Beispiel wichtig zu wissen, in welcher Reihenfolge die kommenden Arbeiten angegangen werden sollen.“

Baudenkmäler in Solingen: Evangelische Kirche Wald
Foto: Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen

Zudem haben es sich die Aktiven zum Ziel gesetzt, in den nächsten Jahren eine Art Generationswechsel einzuleiten. Dass es genug Nachwuchs in Wald gibt, daran hat Hans-Joachim Müller-Stöver jedenfalls keinen Zweifel. „Wald erfreut sich immer größerer Beliebtheit bei jungen Familien“, sagt der Mediziner, der selbst als junger Mann im Jahr 1969 aus Düsseldorf in den Stadtteil zog. So habe Wald zuletzt immer mehr an Attraktivität gewonnen, erklärt Müller-Stöver. Als Beispiele nennt er die Wiederbelebung des Walder Schlauches, aber auch die Sanierungen der Schulen sowie weitere anstehende Bauprojekte, etwa auf dem Grossmann-Areal.

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