Solingen Bankgeschäfte ohne Gehör

Solingen · Für Hörgeschädigte ist es oft schwierig, Termine zu vereinbaren und Behördengänge zu erledigen. Bei der Dresdner Bank in Ohligs beherrscht eine Angestellte die Gebärdensprache, ein Computer erleichtert die Kommunikation.

Bisher war es für gehörlose oder hörgeschädigte Menschen schwer, Termine zu vereinbare oder bei Behörden und Banken ein privates Gespräch mit ihrem Berater zu führen. Meistens waren sie auf Hilfe angewiesen, um telefonisch einen Termin auszumachen und brauchten bei offiziellen Gesprächen die Dienste eines Dolmetschers, der nicht nur teuer ist, sondern auch zwangsläufig hinterher die private Situation seines Kunden kennt. Seit letztem Jahr bietet die Dresdner Bank daher einen besonderen Service an: Das Ratinger Unternehmen „protermin“ hat ein System entwickelt, mit dem Gehörlose oder Hörgeschädigte im Internet bequem einen Termin mit ihrer Beraterin ausmachen können. Ein einfaches Klicken auf ein symbolisches Ohr genügt und schon kann der Nutzer sehen, wann sein Berater einen Termin frei hat und diesen buchen. Sofort erhält er danach eine Bestätigung per E-Mail.

In der Ohligser Filiale begann das Projekt für Gehörlose und Hörgeschädigte im Februar. Die dort tätige Bankfachwirtin Gabi Czyrnik hatte privaten Kontakt zu Betroffenen und war zudem schon als Kind fasziniert von der Gebärdensprache. Vor zwei Jahren absolvierte sie deshalb an einer Kölner und einer Essener Gebärdensprachschule eine komplette Sprachausbildung und beherrscht mittlerweile die Gebärdensprache fließend. „Bereits bevor das System eingeführt wurde hatten wir hier zahlreiche gehörlose oder hörgeschädigte Kunden, die begeistert waren, dass jemand ihre Sprache spricht“, erzählt Gabi Czyrnik. Sie kommunizierte per E-Mail mit ihnen, wünschte sich aber schon immer eine Lösung für mehr Selbstbestimmung und Flexibilität ihrer Kunden.

Von Engagement begeistert

Im vergangenen Jahr lernte sie auf einem Kongress in Düsseldorf die „protermin“-Gründer Bernd Wagler und Axel Sauer kennen. Bisher hatten die beiden Unternehmensgründer nicht mit Gehörlosen und Gehörgeschädigten gearbeitet und nur Terminoptimierungslösungen für Kunden wie Ärzte, Geschäfte oder Friseure entwickelt. „Doch die Idee von Gabi Czyrnik ließ sich leicht realisieren und ihr Engagement begeisterte uns“, erzählt Bernd Wagler. Nun war es an Gabi Czyrnik, die Geschäftsführung davon zu überzeugen, dass genug Kunden das neue System nutzen würden.

40 gehörlose Kunden

„Ich habe schätzungsweise 40 gehörlose Klienten, die sich begeistert über die geplante Neuerung zeigten, was schließlich den Ausschlag für die Einführung gab“, erzählt die Bankangestellte. Über zehn Termine wurden seitdem über „protermin“ gebucht. „Wir haben so eine Barrierefreiheit für gehörlose Menschen geschaffen, und ich finde, dass es zu dem Service jeder Bank gehören sollte, jedem Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, Bankgeschäfte mündig und unter vier Augen mit seinem Berater zu führen“, unterstreicht sie.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort