Kommunikation zwischen Stadt Solingen und Kuratorium Der Kotten-Streit spitzt sich zu

Solingen · Die historischen Gefache des Balkhauser Kottens werden entfernt, weil sie laut Rathaus-Angaben vermutlich nach einem Käferbefall zerstört waren. Das Kuratorium allerdings wurde über die Baumaßnahme nicht informiert.

 Mit Vorschlaghämmern schritten Arbeiter einer von der Stadt beauftragten Fachfirma in dieser Woche am historischen Gefache des Kottens zu Werke. Laut Angaben der Stadt waren alle Maßnahmen mit dem Denkmalschutz abgestimmt.

Mit Vorschlaghämmern schritten Arbeiter einer von der Stadt beauftragten Fachfirma in dieser Woche am historischen Gefache des Kottens zu Werke. Laut Angaben der Stadt waren alle Maßnahmen mit dem Denkmalschutz abgestimmt.

Foto: Christian Beier

Die Stimmung ist frostig zwischen dem Kuratorium Balkhauser Kotten und der Stadtverwaltung – die Konflikte um die Sanierung des geschichtsträchtigen Solinger Wahrzeichens infolge der Hochwasserkatastrophe 2021 sind nicht mehr zu übersehen. Entsetzt zeigte sich die Kuratoriumsvorsitzende Nicole Molinari über die Tatsache, dass offenbar „historische Gefache in der Wand, die noch mit alten Weidenstaken, Stroh und Lehm ausgefüllt war“, entfernt wurden, wie sie in einem Facebook-Post schreibt. Die Wand habe laut Absprache mit der Stadt und mit Hilfe von Fördergeldern des Vereins ein „besonderes Highlight“ nach der Sanierung des Baudenkmals werden sollen – bewahrt unter einer Glasscheibe, um den Besuchern die alte Fachwerktechnik näher zu bringen.

Doch daraus wurde nichts. Der Erhalt der Gefache sei technisch nicht möglich gewesen, begründet Rathaussprecher Lutz Peters auf Nachfrage den Schritt. „Das Stützgerüst der Lehmgefache, bestehend aus Eichenstaken und Weidenruten, war zerstört, die Ausfachung zerbröckelte. Die Ursache war vermutlich Käferbefall“, heißt es. Die Wand solle deshalb – in Absprache mit der Denkmalpflege – möglichst originalgetreu rekonstruiert werden.

Von all dem erfuhr das Kuratorium zunächst – nichts. Die Stadt bedauere, dass eine „zeitnahe Information“ über den Befund unterblieben sei, versichert Peters. Die geplante Offenlegung der Wand könne aber nach der Rekonstruktion weiterhin erfolgen.

Von der Notwendigkeit des Eingriffs würde Nicole Molinari sich gerne selbst überzeugen, ist der Vorfall für sie doch ein Beispiel von vielen für die missglückte Kommunikation vonseiten der Stadtverwaltung gegenüber dem Kuratorium, die sich bereits seit Monaten bemerkbar mache. Wie berichtet, hatte es zuletzt Unstimmigkeiten zwischen dem Kuratorium und der Stadt gegeben, die dieses bei entscheidenden Schritten bei der Sanierung des Kottens aus Sicht des Vereins nicht ausreichend einbezogen hatte. So blieben die ehrenamtlichen Mitglieder etwa bei einem Ortstermin, bei dem das weitere Vorgehen mit dem städtischen Gebäudemanagement und der Denkmalpflege besprochen wurde, außen vor.

Die mangelnde Kommunikation sorge bei dem Verein auf mehreren Ebenen für Stillstand bei drängenden Aufgaben wie der Antragstellung auf Fördergelder oder der Suche nach einem Kustoren, kritisiert Nicole Molinari. „Uns sind die Hände gebunden, weil wir auf die Kooperation der Stadt angewiesen sind.“

Wozu diese als Eigentümerin des Balkhauser Kottens laut einem 2005 geschlossenen Vertrag auch verpflichtet ist: So hat der Verein sowohl Hausrecht in dem Gebäude als auch Mitspracherecht bei eventuellen Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen.

Wie genau diese Regelung in der Praxis umgesetzt wird, darüber lässt der Vertrag laut Rathausangaben Raum für Interpretation. So bedürfe er „der Auslegung und Anpassung, da sich die organisatorischen Verantwortlichkeiten bei der Stadtverwaltung verändert haben und die Notwendigkeiten heute andere sind“, argumentiert Lutz Peters. So existiere das Kulturbüro in seiner damaligen Form nicht mehr, durch die Sanierungsarbeiten stünden inzwischen baufachliche statt kultureller Fragen im Vordergrund. Aktuell liefen Gespräche zwischen allen Beteiligten zur Lösung des Konflikts – eine Wahrnehmung, die Nicole Molinari nicht teilen kann: „Mit uns hat es keinerlei Abstimmungsgespräche gegeben“.

Im Rathaus bemüht man sich dennoch um versöhnliche Töne: „Das Thema ist bei der Stadt hochrangig angesiedelt und wird auf Vorstandsebene geklärt. Es ist der Wunsch der Stadt Solingen, den Balkhauser Kotten als Heimatmuseum für die Solingerinnen und Solinger dauerhaft zu erhalten.“

Zudem sei die Stadt dem Kuratorium „dankbar für seine Leistungen und sein Engagement für das Baudenkmal, die es in vielen Jahrzehnten unter Beweis gestellt hat“, betont Lutz Peters. „Allerdings sollte auch das Kuratorium ein Interesse an einer Vertragsgestaltung haben, die den heutigen Bedingungen und Voraussetzungen entspricht und die von beiden Seiten zufriedenstellend gelebt werden kann.“

 Der Solinger Rechtsanwalt Michael Kleimt, der das Kuratorium rechtlich vertritt, zeigt sich derweil optimistisch, dass der Streit beigelegt werden kann: So sei Ordnungsdezernent Jan Welzel (CDU) zuletzt mit dem Vorschlag auf ihn zugekommen, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen und die strittigen Punkte anzusprechen. „Das hört sich für mich nach einem vernünftigen Weg an.“

An dem Vertrag gebe es allerdings nichts zu deuteln: Zwar treffe alle finalen Entscheidungen bezüglich Sanierung und Instandhaltung des Balkhauser Kottens die Stadt, da sie die Maßnahmen auch bezahlen müsse. Der Verein habe aber ein klares Mitspracherecht. „Der Vertrag trägt die Unterschrift von Franz Haug. Und er gilt.“

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