Solingen Autos zerstört: Täter muss nicht in die Psychiatrie

Solingen · Landgericht setzte Einweisung zur Bewährung aus. Schon 1985 hatte der 56-Jährige 358 Autos mit Beizmittel verätzt.

Kranker demoliert Autos mit Säbeln
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Der Gutachter zeichnete das Bild einer schwer gestörten Persönlichkeit. Gewalt richtet der Angeklagte im Laufe seines Lebens gegen sich und andere, Jahre hat er bereits in der geschlossenen Psychiatrie verbracht, manche Zeit aber auch als freier Mann, zuletzt mit Ehefrau im eigenen Haus an der Klingenstraße, wo am Abend des 10.Oktober 2010 die Katastrophe ihren Lauf nahm.

Nachdem seine ebenfalls psychisch kranke Ehefrau an einer Tankstelle auffiel, weil sie einen Kanister Benzin kaufte und dem Tankwart erklärte, sie wolle ihr Haus anzünden, hatte der Ehemann sich zunächst selbst an Hand und Hals verletzt, dann 20 Autos mit einem gut 80 Zentimeter langen Zierdegen demoliert und später an mehreren Stellen im Haus Feuer gelegt. Gestern entschieden die Richter der 5. Strafkammer beim Landgericht in Wuppertal, dass die Unterbringung des Mannes in die geschlossene Psychiatrie angeordnet wird, die Vollstreckung aber zur Bewährung ausgesetzt wird.

Im Oktober 2011 hatte eine andere Strafkammer am Landgericht entschieden, dass der Mann nicht untergebracht werden muss, da von ihm keine weiteren Straftaten zu erwarten seien. Dieses Urteil war im Mai 2012 auf Antrag der Staatsanwaltschaft von Bundesgerichtshof aufgehoben und ans Landgericht zurück verwiesen worden.

Dass dem Mann nun eine Einweisung erst einmal erspart bleibt, liegt nach Aussagen der Richter daran, dass er jetzt in einem Solinger Alten- und Pflegeheim gut untergebracht ist, einen Betreuer zur Seite hat, regelmäßig seine Medikamente nimmt und von einem Facharzt für Psychiatrie ambulant behandelt wird. In diesem Fall, so die Richter, sei er keine Gefahr für sich und seine Umwelt.

Auch könne er dort Besuch seiner Ehefrau bekommen, die in einer anderen betreuten Einrichtung lebt. Ein Zusammenleben der Eheleute sei hingegen problematisch, da sie sich dann unter Umständen gegenseitig in ihren Wahnvorstellungen bestärken würden. So war es offensichtlich auch am Tattag 2010, als man sich von den Nachbarn bedroht und bespitzelt fühlte.

Der 56-Jährige wurde zum ersten Mal auffällig, nachdem sein Traum, Pilot zu werden, gescheitert war. Er absolvierte nach dem Wirtschaftsabitur eine Banklehre und arbeitete als Vertreter im väterlichen Unternehmen. Schon in den 80er Jahren wurde er auffällig. Einmal versuchte er, auf dem Flughafen Hannover ein startendes Flugzeug aufzuhalten, ein anderes Mal zerstörte er 358 Autos, indem er Beizmittel auf den Lack schüttete und so einen Schaden von 400 000 Mark verursachte. Diese Taten, so der Gutachter gestern, hätten ihm seinerzeit Stimmen befohlen. Die höre er zwar momentan nicht mehr, doch die psychische Erkrankung des 56-Jährigen, der auch ein schweres Nierenleiden hat, sei nicht heilbar.

(RP/rl/top)
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