Jahresausstellung des Vereins der Solinger Künstler Kunst und Kultur in Zeiten der Pandemie

Solingen · Mit einem ungewöhnlichen wie überzeugenden Ausstellungskonzept reagiert die Künstlergemeinschaft auf den Lockdown.

 Susanne Müller-Kölmel ist Malerin und Vorsitzende des Vereins der Solinger Künstler. Sie zeigt im Kunstmuseum die mehrteilige Installation „Greed and Feed – Märchenstücke“.

Susanne Müller-Kölmel ist Malerin und Vorsitzende des Vereins der Solinger Künstler. Sie zeigt im Kunstmuseum die mehrteilige Installation „Greed and Feed – Märchenstücke“.

Foto: Michael Tesch

Die Jahresschau des Vereins der Solinger Künstler zählt traditionell zu den beliebtesten Ausstellungen im Jahreskalender des Solinger Kunstmuseums. „Doch was bisher normal war, muss sich Corona bedingt verändern“, weiß Gisela Elbracht-Iglhaut, die Direktorin des Museums. Doch die Jahresschau absagen? Das mochten weder Elbracht-Iglhaut noch die Solinger Künstlerinnen und Künstler. Denn: „Das vergangene Jahr hat uns gezeigt, wie wichtig Kunst und Kultur sind. Und wie stark das Bedürfnis der Menschen ist, daran wieder teilzuhaben“, erklärt Elbracht-Iglhaut. Doch wie eine Ausstellung in Räumen präsentieren, die für das Publikum verschlossen sind? Die Antwort gibt der Verein der Solinger Künstler im und rund um das Kunstmuseum auf beeindruckende Art und Weise – in Form einer konzeptionell innovativen und spannend eingerichteten Ausstellung. Aufgebaut natürlich unter strenger Beachtung der Corona-Hygiene-Auflagen. „Es gab Zeitfenster von jeweils zwei Stunden für jeweils zwei Künstler, die gleichzeitig aufbauen durften“, beschreibt Vereinsvorsitzende Susanne Müller-Kölmel die Vorgehensweise bei der Einrichtung der Ausstellung.

Eine Absage der Jahresschau, besonders nach dem neuerlichen Lockdown mit Schließung der Museen, kam für die Künstlergemeinschaft nicht in Frage. „Für uns alle ist die Situation natürlich traurig und bitter, doch wir haben uns gesagt, wir machen das jetzt zusammen und lassen uns davon nicht runterkriegen“, erklärt Müller-Kölmel. Und so beginnt heute die Jahresschau, die in diesem Jahr unter dem Titel „Cellula“ steht. Sie wird begleitet durch die Einzelausstellung von Manuela Stein, die den gesamten unteren Saal für Wechselausstellung bespielt.

 Judith Funke zeigt die Installation „Bajardo“. Ausgangspunkt war die für die Künstlerin zwiespältige Atmosphäre des ligurischen Dorfes.

Judith Funke zeigt die Installation „Bajardo“. Ausgangspunkt war die für die Künstlerin zwiespältige Atmosphäre des ligurischen Dorfes.

Foto: Michael Tesch

Doch wie kommt nun die hinter verschlossenen Türen ausgebreitete Kunst zum Betrachter? Dafür bietet der Verein gleich unterschiedliche Möglichkeiten an – und diese nicht ausschließlich online. „Wir zeigen die Ausstellungsansichten der 18 künstlerischen Positionen auf der Website und den Social-Media-Kanälen des Museums sowie auf der Website, dem Facebook- und Instagram-Account des Vereins“, so Müller-Kölmel. Doch die interessanteste Möglichkeit findet sich nicht im Netz, ist mit diesem nur – wenn der Besucher mag – über das eigene Handy verbunden und besteht im Angebot eines Außenrundgangs: Im Innenhof des Museums haben die Künstler Tafeln angebracht, auf denen sich QR-Codes befinden. Scannt man solche QR-Codes mit dem Handy, erhalten Rundgangteilnehmer Einblicke ins Innere des Hauses und in die Ausstellung in Form von Videos. Zudem dringt das Innen auch ganz konkret nach außen, denn Manuela Stein projiziert auf mehreren Fenstern Videos, die, mittels Außenlautsprecher, von einer Soundinstallation von Frank Schulte begleitet werden.

 Die Malerei von Anja Kreitz beschäftigt sich mit der Epoche des Barocks und der Transformation in die heutige Zeit.

Die Malerei von Anja Kreitz beschäftigt sich mit der Epoche des Barocks und der Transformation in die heutige Zeit.

Foto: Michael Tesch

Natürlich nimmt die diesjährige Jahresschau der Solinger Künstler Bezug auf die Situation von Kunst und Kultur in Zeiten der Pandemie. „Mit dem Titel Cellula greifen wir das Thema Rückzug, Isolierung, Besinnung, das Bedürfnis nach Sicherheit und Schutz, aber auch nach Lebendigkeit und Zuversicht auf“, erläutert Susanne Müller-Kölmel das Konzept der Ausstellung. Durch schmale weiße Stoffbahnen gegliedert wurden im oberen Saal für Wechselausstellung Raumzellen für die jeweiligen Kunstpositionen geschaffen. Die Zellen wurden jedoch nicht zugeteilt, sondern den teilnehmenden 18 Künstlerinnen und Künstlern zugelost. Ansonsten waren alle frei in ihren Möglichkeiten der Gestaltung und Einrichtung ihrer Zellen zu Kunsträumen.

Die Jahresschau 2021 der Solinger Künstler wird mit Sicherheit in die Geschichte des SK-Vereins als eine ganz besondere eingehen – und das nicht nur aufgrund der unerfreulichen Rahmenbedingungen. Sondern weil sie eine der besten Ausstellungen der Künstlergemeinschaft in den vergangenen Jahren ist. Denn die Pandemie und ihre Folgen auf das eigene Tun haben viele der Künstlerinnen und Künstler sichtlich dazu provoziert, einmal ungewohnte, überraschende, teilweise sogar experimentelle neue Ansätze zu entwickeln.

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