Solingen Aufschwung ist angekommen

Solingen · Die Umsätze der Solinger Industriebetriebe sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um knapp 15 Prozent gestiegen; allein im Juni um 22,5 Prozent. 297 Firmen sind allerdings noch in Kurzarbeit.

"Kaufmannsgut kennt Ebbe und Flut", heißt der Untertitel einer älteren Broschüre der bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK) über die regionale Wirtschaft. Nachdem im Herbst 2008 die Auftragseingänge abrupt und kräftig in den Keller rauschten – Auslöser war die US-Immobilienkrise, die nach der Finanz- und Kreditwirtschaft auch die Realwirtschaft erfasste und zum Einbruch der weltweiten Nachfrage nach Autos und anderen Industriegütern führte – ist jetzt für viele Unternehmen nicht nur wieder Land in Sicht. Die Umsätze haben nach dem heftigen Absturz wieder zum Höhenflug angesetzt: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) meldet für die Solinger Industriebetriebe im ersten Halbjahr 2010 immerhin einen Zuwachs von 14,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr; allein im Juni stiegen die Umsätze um 22,5 Prozent. Auch die Exportumsätze kletterten im ersten Halbjahr um 16,8 Prozent gegenüber dem Krisenjahr 2009. "Besonders in Solingen ist der Aufschwung deutlich zu spüren", teilt Thomas Wängler von der IHK mit. Solingen profitiere dabei vom hohen Anteil von Unternehmen des Fahrzeugbaus, einer Branche, die mit knapp 46 Prozent beachtliche Zuwachszahlen vorlegt. Allerdings war der Fahrzeugbau von der letzten Krise besonders stark betroffen, so dass der Zuwachs von einem sehr niedrigen Niveau ausgeht, schränkt Wängler ein.

"Wir liegen deutlich über unseren Planzahlen", freut sich Peter Hesse vom Automobilzulieferer C. Rob. Hammerstein (CRH) in Merscheid. Die Auftragslage sei aktuell grundsätzlich gut und sie gestaltete sich auch für die kommenden Monate bestens, ergänzt der für Personal, Vertrieb und Marketing zuständige CRH-Manager. CRH entwickelt und fertigt qualitativ hochwertige Sitzstrukturen für die Automobilindustrie. Das Krisenjahr 2009 habe das Unternehmen auch dank einiger Produktneuheiten und -entwicklungen Anfang 2009 mit lediglich "leichten blauen Flecken" überstanden. Die gute Auftragslage führt auch zu mehr Stellenangeboten: Zurzeit offeriert das weltweit gut 3000 Mitarbeiter beschäftigende Unternehmen allein in Deutschland 32 Arbeitsplätze. Auszubildende werden ebenso Einstellungschancen geboten, wie dem Meister im Bereich Musterbau/Montage oder dem Projektingenieur Fertigungsplanung. Im Merscheider Hauptquartier werden laut Peter Hesse derzeit 460 Mitarbeiter beschäftigt, bei der CRH Umformtechnik in Ohligs sind es rund 360.

Den Aufschwung angesichts der steigenden Industrieumsätze sieht auch Hans-Peter Pollmann, Geschäftsführer des Solinger Arbeitgeberverbandes (AGV). "Viele Firmen trauen dem Braten aber noch nicht so ganz", weiß Pollmann und verweist auf die nach wie vor hohe Zahl von Betrieben mit Kurzarbeit. Zwar sei der Umfang der Kurzarbeit zurückgegangen, dennoch habe es Ende des vergangenen Monats noch 297 Betriebe – 23 weniger als im Juni – mit Kurzarbeit gegeben. "Das zeigt, dass längst noch nicht alle Firmen zur normalen Auslastung zurückgekehrt sind", sagt der AGV-Geschäftsführer.

Gleichwohl sieht Pollmann die positiven Zeichen. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres ist laut Statistischem Bundesamt die wirtschaftliche Leistung in Deutschland um mehr als zwei Prozent gestiegen. Pollmann: "Viele warten jetzt zunächst aber noch ab, ob diese Entwicklung nachhaltig ist."

(RP)
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