Solingen Aufschlag zum (Spar-)Matchball

Solingen · Noch bis Donnerstagmittag wird noch an allen Ecken versucht, Strippen zu ziehen, um das in der Ratssitzung vor der Abstimmung stehende Sparpaket nach der eigenen Passform zu schnüren. Und so ist man derzeit auch im Rathaus vor allem mit sich selbst beschäftigt.

Im Solinger Rathaus war der Blick der Verwaltungsspitze gestern ausschließlich nach innen gerichtet. Berichte aus Düsseldorf, die in Bildung befindliche rot-grüne Minderheitsregierung wolle den leidgeprüften NRW-Kommunen mit 650 Millionen Euro unter die Arme zu greifen – 350 Millionen als jährliche Zinshilfe, der Rest als kommunaler Anteil der Grunderwerbssteuer – konnte man im Rathaus gestern nicht mit möglichen Zahlen für Solingen hinterlegen.

Denn am morgigen Donnerstag steht der wohl größte Kraftakt in der Geschichte der Stadt zur Entscheidung an. Im Stadtrat (ab 14 Uhr, Theater und Konzerthaus, öffentliche Sitzung) kommt es zur Abstimmung über das von der Verwaltung vorgelegte so genannte Haushaltssicherungskonzept: über 248 Einsparmaßnahmen, darunter jede Menge Gebühren- und Steuererhöhungen, die zusammen ab 2013 eine Entlastung des städtischen Haushaltes um 45 Millionen Euro bedeuten sollen.

Abweichungen von SPD-Klausur

Doch nach der Klausursitzung des Finanzausschusses den ganzen Montag über ist klar, dass das Sparpaket von Oberbürgermeister Norbert Feith und seinem Stadtkämmerer von der neuen Mehrheit aus SPD, Grünen, Bürgergemeinschaft für Solingen (BfS) sowie den Linken an einigen wichtigen Eckpunkten durcheinandergewirbelt wurde.

Mit einer taktischen Meisterleistung sicherte sich das Dreierbündnis, das bislang ohne eigene Mehrheit agierte, die Zustimmung der Linken für die Abstimmungen. Ohne dies wären am Montag bei der Sitzung des Finanzausschusses viele Änderungsanträge durchgefallen (wegen Stimmengleichheit). Dass am Ende SPD, Grüne und BfS als Sieger vom Platz gingen, ist allein den Linken geschuldet. Und die haben bereits angekündigt, das nicht für lau zu machen. Was die Zustimmung der Linken das Bündnis kostet, haben die Vertreter der vier Fraktionen gestern Abend ausgehandelt.

Morgen nun will die neue Mehrheit den Matchball verwandeln und ein Sparpaket verabschieden, das in vielen Teilen die Handschrift der Grünen trägt. Auch wenn das derzeit keine Aussage ist, mit der man sich bei den Genossen lieb Kind macht.

Doch wer sich das Verhandlungsergebnis der SPD-Klausur anschaut, sieht die Unterschiede: So war dort keine Rede davon, dass die Genossen bereits ab 2011 die erste Stufe einer Gewerbesteuerhöhung wollen. Doch die zwei Millionen Mehreinnahmen braucht man, um einige der gestrichenen Sparmaßnahmen finanziell auszugleichen, wie das Aufhalten des Hallenbades Vogelsang. Auch das hatten die Genossen intern noch anders beschlossen, ebenso wie sie das Heidebad hatten dicht machen wollen. Auch die Reduzierung von fünf auf drei Bezirksvertretungen hatten sie mittragen wollen und schwenkten dann um.

Näher am Bürger dran

In einigen Punkten entspricht das neue Sparpaket allerdings auch dem Abstimmungsergebnis der Solinger im Internet-Sparportal – bis auf die Steuererhöhungen, die alle abgelehnt hatten, die sich online beteiligt hatten. Dass auch die FDP sich über die vorgezogene Gewerbesteuerhöhung echauffiert und sie als "üble Trickserei" bezeichnet, liegt auf der Hand.

Nur mit viel Magengrummeln hätten die Liberalen eine Erhöhung ab 1. Januar 2012 mitgetragen. Doch die Liberalen haben derzeit ebenso wenig zu sagen, wie die CDU. Beide werden sich am Donnerstag überwiegend – einige wenige Sparmaßnahmen werden von allen Fraktionen getragen – mit der Rolle des Mahners zufrieden geben müssen.

Und so muss sich das Sparpaket des Dreierbündnisses, das mit freundlicher Unterstützung der Linken zustanden kommen soll, des Vorwurfs erwehren "viele Luftnummern" eingebucht zu haben. Auf dem Papier weicht der neue Sparvorschlag "nur" um rund zwei Millionen Euro von der Sparmarke von 45 Millionen Euro ab.

Wie viel am Ende wirklich erzielt wird, wird die Zukunft zeigen. Das hätte aber auch für den Vorschlag gegolten, den die Verwaltung ausgearbeitet hat. Die Nagelproben für die Politik werden unweigerlich kommen – bei der Umsetzung der Maßnahmen, die auch weh tun werden.

(RP)
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