Solingen Auf direktem Wege nach Berlin

Solingen · Jürgen Kucharczyk (SPD) will wieder in den Bundestag. Vor allem die Themen "Bildung" und "Infrastruktur" liegen ihm am Herzen. Mit ihnen will er den Wahlkreis direkt gewinnen.

Als das Gespräch bei den Themen "Studiengebühren" und "Pflegeversicherung" angekommen ist, blitzen die blauen Augen von Jürgen Kucharczyk auf. Das sind seine Reizworte. "Wenn man sieht, wie ungerecht das ist, dann flippen Sie aus", sagt er und klopft währenddessen mit seinem Zeigefinger im Staccato auf den Tisch.

Dass wegen der Studiengebühren die Kinder gering verdienender Eltern schlechtere Bildungschancen haben und sich das Gesundheitssystem zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft entwickelt, regt ihn auf. Auch aus persönlicher Betroffenheit. Eine seiner beiden erwachsenen Töchter studiert, und seine 98 Jahre alte Mutter ist pflegebedürftig. So erlebt er beide Perspektiven aus nächster Nähe mit.

Abwechselnd in drei Büros präsent

Jürgen Kucharczyk (SPD) kandidiert zum zweiten Mal für den Bundestag. Bis 2005 war er Technischer Fachwirt der Telekom, seither ist der Beamte freigestellt. Als hauptamtlicher Politiker pendelt er zwischen Berlin und seinen Büros in Remscheid und Solingen hin und her. 25 Wochen betrage die "Pflichtanwesenheit" in der Hauptstadt, die restliche Zeit sei er im Wahlkreis, erzählt Kucharczyk. Sein Familienleben muss er vor diesem Hintergrund aufwändig organisieren, "das ist nicht ganz einfach". Persönliche Disziplin und ein gutes Zeitmanagement seien vonnöten.

Das politische Engagement von Kucharczyk begann 1981. Damals wurde die ältere seiner beiden Töchter geboren. Kaum sei sie zur Welt gekommen, "mussten wir sie im Kindergarten anmelden, damit sie überhaupt eine Chance hatte, ein Jahr vor Schulbeginn einen Platz zu erhalten", erinnert sich der 52-Jährige. Das wollte er ändern. Dass er sich daraufhin den Sozialdemokraten und keiner anderen Partei anschloss, erschließt sich aus seinem familiären Hintergrund. Der Vater war gewerkschaftlich engagiert, und auch Sohn Jürgen war Mitglied einer Gewerkschaft, noch bevor er sich zur politischen Arbeit entschloss. Kucharczyk machte sich zunächst auf kommunaler Ebene einen Namen. Er war sieben Jahre Ratsmitglied sowie zwei Jahre Bürgermeister in Remscheid. Im Bundestag sieht er sich als Interessenvertreter des Bergischen Landes. Dass vor allem die finanzschwachen Kommunen vom Konjunkturpaket II profitieren, sei Erfolg der SPD, betont er. "Das trägt sozialdemokratische Handschrift."

Die Themen "Bildung" und "Infrastruktur" liegen ihm am Herzen. Für sie wirbt er, will damit seinen Wahlkreis erneut direkt gewinnen. In der Landesliste ist er aufgerückt, belegt nach Platz 40 vor vier Jahren jetzt Rang 30. Doch über die Liste in den Bundestag einzuziehen, scheint für ihn nicht sonderlich attraktiv zu sein. "Wenn man direkt gewählt ist, fühlt man sich anders verpflichtet, als wenn man über die Landesliste reingerutscht ist", sagt Kucharczyk. Die schlechten Umfragewerte seiner Partei überspielt er mit einem Lächeln. "Wir gewinnen an Fahrt, es geht nach oben", sagt er, und die blauen Augen blitzen wieder. Der Wahlkampf scheint ihm tatsächlich Spaß zu machen.

(RP)
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