Solingen Am meisten leiden die Kinder

Solingen · Bernd Paßmann ist Vorsitzender des Friedensdorfs International in Oberhausen, wo ständig rund 150 Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten betreut werden. Kindern zu helfen, ist eine Aufgabe, der sich der Solinger seit über 20 Jahren verschrieben hat.

Eigentlich ist Solingens ehemalige Oberbürgermeisterin Elisabeth Roock schuld. Zur 600-Jahrfeier ihrer Stadt hatte sie die Idee, eine Spende von 60 000 Mark an ihre Oberhausener Amtskollegin Luise Albertz zu übergeben, bestimmt für das Friedensdorf International. Roock und Albertz, beide in der SPD, waren damals Deutschlands einzige weibliche Oberbürgermeister. Zur Übergabe des Geldes war auch Bernd Paßmann mit nach Oberhausen gereist — und der FDP-Politiker war beeindruckt von der Arbeit, die im Friedensdorf geleistet wurde. Der spätere Bürgermeister hatte bereit 1975 die Pflegschaft über ein schwer verletztes Kind aus Vietnam übernommen, vermittelt allerdings über eine andere Hilfsorganisation: Terre des Hommes. Pflegesohn Thai, heute 48 Jahre alt, verheiratet und als Zahntechniker in Solingen tätig, verbrachte fortan viel Zeit in Oberhausen, wo er mit Kindern aus seinem Heimatland spielen konnte.

1987 wurde Bernd Paßmann gefragt, ob er nicht den Vorsitz der Aktion Friedensdorf übernehmen wollte. Er überlegte nicht lange und wurde gewählt, wieder und wieder, zuletzt im Mai dieses Jahres. 20 Jahre bekleidet er jetzt dieses Amt und am gestrigen Gründungstag des Friedensdorfes war Bernd Paßmanns 68. Geburtstag.

Während Terre des Hommes nach Ende des Vietnamkrieges die Kinder in ihre Heimat zurückschickte, war die Friedensdorfleitung seinerzeit der Auffassung, man solle die Kinder und Jugendlichen nicht in ein kommunistisches Regime entlassen, erinnert sich Bernd Paßmann, der gestern zum Gründungstag dem Friedensdorf einen Besuch abstattete. Und so blieben viele Vietnamesen in Deutschland, einige wurden langjährige Mitarbeiter des Friedensdorfes.

Heute sieht die Hilfe der Organisation anders aus. Die Kinder, die mehrmals im Jahr aus Kriegs- und Krisengebieten von Afghanistan bis Angola, von Usbekistan bis Sri Lanka, nach Deutschland geholt werden, weil sie in ihrer Heimat medizinisch nicht versorgt werden können, kehren auf jeden Fall zu ihren Familien zurück. Behandelt werden sie in Krankenhäusern in ganz Deutschland, auch die St. Lukas Klinik in Ohligs nimmt regelmäßig Kinder auf und die Ärzte behandeln sie kostenlos. Aber anders als früher kommen die Kinder jetzt nach immer kürzeren Klinikaufenthalten zurück ins Oberhausener Dorf. "Die Gesundheitsreform schlägt voll durch, der Pflegebedarf hier im Haus ist erhöht", weiß Friedensdorf-Pressesprecher Wolfgang Mertens. Aber zum Glück gibt es auch im Dorf Ärzte, die sich in den Dienst der guten Sache stellen. Wie Mohammed Ali Hariri. Der Libanese wollte einfach nicht mit dem Arbeiten aufhören, als er mit 68 Jahren seine Arztpraxis schließen musste. Und so versieht er heute im Friedensdorf seine Arbeit.

Bernd Paßmann ist nach Jahren immer noch beeindruckt von so viel Engagement. Für ihn ist klar: Auch er steht weiter im Dienst dieser Einrichtung. Denn Kinder, so weiß er, leiden immer am meisten in den Kriegs- und Krisengebieten der Welt, und ihnen zu helfen, ist eine sehr lobenswerte Aufgabe.

(RP)
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