Solingen Am Balkhauser Kotten herrscht Aufbruchstimmung

Solingen · Beim Grünkohltag konnten die neuen Kustoden Susanne Lentjes-Rubin und Martin Witte erste positive Bilanz ziehen.

Zufrieden nahm Hans Peter Heyden den prall gefüllten Teller mit an seinen Platz im Freien: "Dafür bin ich eigentlich hergekommen", sagte der gelernte Scherenschleifer und ließ sich den Grünkohl mit Pferdewurst schmecken. "So etwas gab es bei den Schleifern früher ständig", erklärte der Gast im Balkhauser Kotten. Das Kuratorium und die Kustoden des Schleifermuseums an der Wupper hatten gestern - wie jedes Jahr am ersten Sonntag im November - zum Grünkohltag eingeladen. Bei prächtigem Wetter warteten 350 Liter des herzhaften Gerichts, zubereitet von Gastronom Andreas Buchholz, auf die hungrigen Mägen der Besucher.

Zudem verkauften die Betreiber der rund 500 Jahre alten Anlage Messer des Herstellers Güde mit dem Logo des Kottens. Einmal pro Stunde schlossen sich die Gäste den kostenlosen Führungen durch das historische Fachwerkhaus an und bannten Mühlrad und Schleifstein auf Fotos. Der Künstler Heinz-Peter Knoop, der als Kustos zwischen 1982 und 2004 den Kotten mit Ehefrau Anneli bewohnt hatte, erklärte dabei die Arbeitsweise der Schleifer, beschrieb ihre Aufgabenverteilung mit den Lieferfrauen und brachte den aufmerksamen Zuhörern die Entwicklung des Handwerks im Zuge der Industrialisierung und Technisierung näher. "Ich habe das alles voll elektrisch gelernt", erzählte Hans Peter Heyden, der dem Beruf des Scherenschleifers besonders wegen seiner körperlichen Strapazen den Rücken gekehrt hatte. "Aber ich kenne natürlich noch viele Leute, die in dem Bereich arbeiten", verriet der Besucher.

Erstmals fand der Balkhauser Grünkohltag unter der Federführung der neuen Kustoden Martin Witte (44) und Susanne Lentjes-Rubin (47) statt. Seit dem 1. September lenken der Bühnenmeister und die Gästebetreuerin am Solinger Theater Hand in Hand mit dem Kuratorium die Geschicke der altehrwürdigen Anlage. Und nachdem der Abschied von den früheren Museumshütern Margret und Engelbert Schmitz mit Streitereien über verkaufte Messer und einer - letztlich abgewiesenen - Klage wegen vermeintlich ausstehender Löhne einhergegangen war, herrscht derzeit Aufbruchstimmung am Kotten.

"Wir haben ein wunderbares Team und bekommen sehr viel Unterstützung", schwärmte Martin Witte, der auch einen persönlichen Bezug zum Schleiferhandwerk hat: "Mein Großvater hatte einen Kotten in Merscheid und stellte medizinische Instrumente her", erzählte der Ur-Solinger und hob seine Verbundenheit mit der Bergischen Industriekultur hervor: "Solange der Zusatz Klingenstadt auf den Ortseingangsschildern steht, muss man sich dafür einsetzen, dass so eine Einrichtung erhalten bleibt."

(RP)
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