Solingen Alter Kasten blockiert die City

Solingen · Alle warten auf das Signal zum Baustart des "Hofgartens". Doch die Lage wird immer akuter in der Solinger City, weil unterdessen ein Geschäft nach dem anderen schließt: Heute "M & S Mode", Samstag "Raum und Form".

Eigentlich könnten die Geschäftskonzepte unterschiedlicher kaum sein: das des ehrgeizigen "Hofgarten"-Projekts auf dem ehemaligen Karstadt-Areal und jenes des Damenmodegeschäfts "M & S" in dem Eckhaus an der Linkgasse in der Fußgängerzone der City.

100 Meter Luftlinie trennen beide voneinander. Und doch hängen nach der Überzeugung von Anne Thiel das Schicksal des Modegeschäftes, in dem sie seit 19 Jahren arbeitet, und die Entwicklung des 100-Millionen-Projektes mit geplanten 70 Shops eng zusammen.

Ladenlokal steht leer

Schon vor zwei Jahren hat Karstadt geschlossen. Doch der Baustart des "Hofgartens" verzögert sich und ist momentan weiter offen. Die Brisanz: Während des zermürbenden Wartens auf ein Signal, dass es endlich losgeht mit der Errichtung des Einkaufszentrums, verabschiedet sich ein alteingesessenes Geschäft nach dem anderen aus der Innenstadt.

Das Modehaus Iserlohe hat Ende Juni geschlossen – leer steht das Ladenlokal mitten in der Fußgängerzone seitdem. Das alteingesessene Fachgeschäft "Raum und Form" gleich unterhalb an der Hauptstraße wird kommenden Samstag endgültig zumachen.

Als Nachfolger werde ein Laden für preiswerte Mode einziehen, berichtet Inhaberin Carla Piepenstock. Immer wieder hat sie von ihren Kunden in den vergangenen Wochen gehört, dass man wegen des Fachgeschäfte-Sterbens in Solingen nicht mehr einkaufen könne. Anne Thiels Kunden bei "M & S" klagen ebenfalls darüber. "Billigläden haben wir doch schon genug in Solingen", das hört sie zur Genüge. Bei "M & S" ist heute letzter Verkaufstag.

"Schade, dass wir gehen. Wir hatten einen sehr netten und guten Kundenstamm", sagt Thiel. Sie ist eine der fünf Mitarbeiterinnen der Modefiliale, die zu einer Ladenkette mit Boutiquen gehört, in der eigene Kollektionen verkauft werden. Wäre der "Hofgarten" schon gebaut, würde sich die Zukunft der Geschäftswelt in der City nach ihrer Überzeugung ganz anders darstellen. "Dann hätten die Kunden ein interessantes Ziel." Auch die anderen Läden würden von diesem Anziehungspunkt profitieren.

Interessen warten ab

Anne Thiel hat in den 19 Jahren als Modegeschäfts-Mitarbeiterin erlebt, dass die Solinger beim Einkauf eigentlich sehr heimattreu sind. "Am liebsten bleiben sie in ihrer Stadt." Dass ihr viele der Kunden inzwischen aber sagen, ihnen bleibe gar nichts anderes mehr übrig, als nach Leverkusen, Langenfeld, aber auch nach Düsseldorf und Köln zum Shoppen zu fahren, zeigt, wie akut die Situation in der Solinger City jetzt bereits ist.

Den unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Warten auf den "Hofgarten" und dem Schließen von Geschäften sieht der Erste Beigeordnete Hartmut Hoferichter allerdings nicht. Interessenten für eine Nachnutzung der Läden, die sehr wohl vorhanden seien, würden sich wegen des geplanten Einkaufszentrums derzeit jedoch merklich zurückhalten.

Denn es sei für diese eben noch unklar, ob sich eventuell Shops mit gleichem Sortiment im "Hofgarten" ansiedeln. "Das erkennen wir, und das ärgert uns auch", sagt der Planungsdezernent über die ins Stocken geratene Neuvermietung in der City. "Deshalb haben wir ein hohes Interesse an einer baldigen Bauentscheidung des ,Hofgarten'-Investors." Hoferichter ist überzeugt: Sobald dies passiert sei, komme es in der City zu vielen weiteren Geschäftsaktivitäten.

(RP)
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