Solingen Abschied mit 160 Tonnen Stahl
Solingen · Bei Rasspe Systemtechnik in Stöcken werden jetzt die letzten verbliebenen Großmaschinen zum neuen Firmensitz nach Wermelskirchen geschafft. Mit dem Umzug endet nach 182 Jahren ein Kapitel Solinger Industriegeschichte.
Es wirkt wie eine Filmkulisse: leer geräumte, von dicken Pfeilern verstellte und ineinander verschachtelte Produktionshallen, weil Rasspe einst rasant weiter und weiter gewachsen ist, so dass eifrig angebaut werden musste. Pressen, schleifen, schmieden — die Spuren der einstigen Fertigung sind noch immer unverkennbar. Schummerlicht fällt durch die viel zu kleinen Fenster. Eine tonnenschwere Presse steht zum Abtransport bereit.
"Wir mussten Wände aufbrechen, um die Maschinen herauszubekommen", sagt Michael Flanhardt, Geschäftsführer und Gesellschafter der jungen Rasspe Systemtechnik. Vor neun Jahren hat die Gebrüder Schumacher GmbH das Solinger Traditionsunternehmen nach der damaligen Insolvenz übernommen und mit der Systemtechnik fortgeführt. Jetzt wird die 182-jährige Industriegeschichte in Stöcken endgültig geschlossen. Der zweite und letzte Teil des Umzugs nach Wermelskirchen läuft.
Nach Ferien neuer Arbeitsplatz
Bis Ende nächster Woche sollen alle Großmaschinen für die Fertigung der Strohhächsler-Messer und Mähmesserklingen verladen sein. "Wir haben über 1600 Tonnen Material zu transportieren", erklärt Geschäftsführer Flanhardt. In der ersten Phase des Umzugs im vergangenen Sommer wurden bereits die Knoterrahmen in die 20 Kilometer entfernte Nachbarschaft verlagert. 55 der rund 120 Mitarbeiter sind damals schon mit umgezogen; die übrigen werden nach den Sommerferien an ihrem neuen Arbeitsplatz in der Nachbarstadt beginnen.
Anfang nächsten Monats wird dann noch das Lager leer geräumt. "Ende September ist hier absolut Schicht", zieht Flanhardt für die Rasspe Systemtechnik am Standort Stöcken einen Schluss-Strich. Die Firma ist Mieter eines Teils des Areals in der Kohlfurth. In diesem Jahr läuft der Mietvertrag mit den Banken, denen das Gelände in Stöcken gehört, aus.
"Wenn wir andere Rahmenbedingungen bekommen hätten, hätten wir hier weiter gearbeitet", blickt Flanhardt zurück. Die Produktionsbedingungen mit den verschachtelten Gebäuden seien aber einfach nicht mehr zeitgemäß.
In Wermelskirchen hatte die Rasspe Systemtechnik bestehende Fertigungshallen komplett übernehmen können. Dort wird im Gegensatz zum Standort Stöcken auch ebenerdig produziert. Der vergleichsweise nicht weit entfernte neue Arbeitsplatz in der Nachbarstadt ist nach Flanhardts Worten eine sozialverträgliche Lösung für die Mitarbeiter. Das Unternehmen sei bewusst in der Region geblieben, um ihnen eine Perspektive zu geben.
Arnold Jentsch hat den Abschied vom alten Standort in Stöcken für sich selbst längst vollzogen. Dies sei Geschichte, blickt er nach vorn. Es helfe nichts nachzutrauern. Der 56-Jährige hat einst als Schlosserlehrling bei Rasspe angefangen. "Pro Lehrjahr waren wir damals zwölf, 13 Schlosser-Lehrlinge." Jentsch kann sich jedenfalls noch an Zeiten erinnern, in denen die Firma für Landmaschinenteile 900 Beschäftigte hatte. Er hat sich zum Techniker weitergebildet, ist seit neun Jahren Betriebsleiter der Rasspe Systemtechnik in Stöcken, und auch den neuen Betrieb in Wermelskirchen leitet er. Zum Problem sei der Arbeitsplatzwechsel für die Leute nicht geworden, berichtet Jentsch. Bisher habe sich das gut eingespielt.