Solingen 30 Millionen für die Brücke
Solingen · Die Bahn hat den Sanierungsaufwand der Müngstener Brücke unterschätzt und zieht sogar den Bau einer Ersatzbrücke ins Kalkül. Ende März soll der "Müngstener" wieder normal fahren. Güterzüge sind höchst fraglich.
30 Millionen Euro will die Deutsche Bahn in den kommenden fünf Jahren in die Grundsanierung der Müngstener Brücke investieren. Schwerpunkt der Arbeiten sind die Erneuerung der ramponierten Brückenlager sowie ein "umfassender Korrosionsschutz". Das kündigte der Konzernbevollmächtigte Reiner Latsch gestern bei einer Informationsveranstaltung im Brückenpark Müngsten, an der die drei bergischen Oberbürgermeister, Politiker aus dem Städtedreieck und Vertreter der IHK teilnahmen.
Wie eine Bombe schlug die Äußerung des Bahnmanagers bei dem 50-köpfigen Zuhörerkreis ein, dass das Verkehrsunternehmen bei den Überlegungen wegen des immensen und anfangs unterschätzten Sanieraufwandes inzwischen sogar den Neubau einer Ersatzbrücke in die Überlegungen einbezieht. Alle Alternativen — geknüpft an den Denkmalschutz der Brücke — müssten berücksichtigt werden, betonte Latsch. Er machte dabei allerdings deutlich, dass keiner, auch die Bahn nicht, einen Neubau wolle.
Kaum Hoffnung machten Latsch und weitere Bahnvertreter auf eine Wiederaufnahme des Güterverkehrs über die Brücke. Sollte dies dennoch gefordert werden, müsse man auch über einen Neubau nachdenken. Die Sanierungspläne müssten dann neu überdacht werden.
Arbeiten auf der Brücke beendet
Die Bahn geht davon aus, dass die 113 Jahre alte Brücke nach der Sanierung für weitere 25 bis 30 Jahre für den Personenverkehr nutzbar sein wird. Bislang plant die Bahn, die Aufträge für die Sanierung im Herbst 2011 zu vergeben. Bis Sommer sollen alle Nachberechnungen für die Standsicherheit der Brücke abgeschlossen sein. Latsch sprach von einem "komplizierten Verfahren", bei dem rund 10 000 Einzelteile geprüft werden müssen. Der Großteil der Sanierungsarbeiten soll in den Jahren 2012 und 2013 erledigt werden. Für die Sommer- und Herbstferien sind bereits Baufenster eingerichtet, die Brücke würde in dieser Zeit wieder komplett gesperrt werden.
Spätestens Ende März, so Latsch, soll die aktuelle Sperrung der Brücke aufgehoben werden. Die Regionalbahn könnte dann wieder mit Tempo 70 fahren. Begegnungsverkehr wäre möglich. Zwar wurden die Arbeiten an den Koppellaschen auf der Brücke schon am vergangenen Wochenende abgeschlossen und von einem externen Prüfer abgenommen.
Unterlagen fehlen noch
Noch aber fehlen Unterlagen, wie sich Temperaturen auf die Brückenlager auswirken. Ende der Woche sollen sie vorliegen. Erst danach wird das Eisenbahnbundesamt (EBA) als Aufsichtsbehörde die Unterlagen prüfen. Bis zu sechs Wochen kann das dauern. Beim EBA werde das Thema mit Priorität bearbeitet, sagte Latsch. Er entschuldigte sich bei den Bahnkunden für die schlechte Informationspolitik der Bahn im Zusammenhang mit den Sperrungen. "Hier müssen wir besser werden".
Nachfragen gab es in der anschließenden Diskussion zu dem Neubau-Szenario. Latsch blieb hier aber unkonkret. Alles hänge vom Ergebnis der weiteren Standsicherheitsberechnungen ab. Die Brücke sei für die hohen Gewichtsbelastungen durch den modernen Güterverkehr nicht ausgelegt. Viele Redner kritisierten, dass die Bahn die Brücke lange vernachlässigt habe. Der letzte neue Anstrich datiert aus den Jahren 1960 / 61.