30. Jahrestag des Brandanschlags in Solingen Mevlüde Genç – ein Platz trägt jetzt ihren Namen

Solingen · Nahe dem Solinger Rathaus wurde der Mercimek-Platz feierlich umbenannt. Rund 250 Gäste wohnten der Zeremonie sowie einem Mahngang zum Ort des Brandanschlags von 1993 am Pfingstsonntag bei.

30. Jahrestag Brandanschlag Solingen: Einweihung Mevlüde-Genc-Platz
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Mevlüde-Genç-Platz in Solingen eingeweiht

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Foto: Guido Radtke

Der ehemalige Mercimek-Platz in unmittelbarer Nähe des Rathauses trägt seit Pfingstsonntag den Namen der Friedensbotschafterin, die bei dem Brandanschlag vom 29. Mai 1993 in Solingen fünf Angehörige verlor. Ein blaues Straßenschild mit der Aufschrift „Mevlüde-Genç-Platz“ würdigt ihren Einsatz für ein friedliches Miteinander, für den sie unter anderem das Bundesverdienstkreuz und den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen erhielt.

„Mevlüde Genç stand zu ihren Lebzeiten für Respekt, Frieden und Freundschaft“, sagte Oberbürgermeister Tim Kurzbach. „Obwohl sie in Solingen so viel Leid erfahren hat, hat sie sich entschieden, ihre zweite Heimat Solingen nicht zu verlassen.“ Mit der Umbenennung des Platzes würden ihre Verdienste als große Persönlichkeit und Friedensbotschafterin geehrt – „und wir ehren mit ihr ihre Familien und die fünf jungen Frauen und Mädchen, die vor 30 Jahren ermordet wurden.“

Der kleine Platz am Mehrgenerationenhaus trug bislang den Namen des Heimatdorfes der Familie Genç in der Türkei, Mercimek. Tim Kurzbach betonte, dass es zu den wichtigsten Ehrungen einer Stadt gehöre, Straßen oder Plätze nach Persönlichkeiten zu benennen, die Besonderes geleistet und besonders Gedenkwürdiges getan haben. Mit der Umbenennung des Platzes werde zugleich ein Zeichen gegen Rassismus, gegen Fremdenfeindlichkeit gesetzt.

Neben dem blauen Straßenschild wurde zudem eine Stele mit dem Porträt von Mevlüde Genç aufgestellt, die auf Türkisch, Deutsch und Englisch das Wirken von Mevlüde Genç beschreibt: Sie habe sich trotz des Brandanschlags „zeit ihres Lebens für ein friedliches, tolerantes und freundschaftliches Miteinander“ eingesetzt, heißt es dort.

Özlem Genç, Enkelin der im vergangenen Oktober verstorbenen Mevlüde Genç, sprach in einer bewegenden Rede stellvertretend für ihre Familien einen großen Dank an die Stadt Solingen aus: „Danke, dass Sie an so einem zentralen Ort den Namen unserer Mutter ehren und verewigen“. Mit größtem Respekt sprach die Studentin von ihrer Großmutter, die das schlimmste Schicksal erlebt habe, das eine Mutter überhaupt erleben könne – „und trotzdem rief sie unmittelbar nach dem Anschlag zur Versöhnung auf“.

Es dürfe nicht in Vergessenheit geraten, was der Familie und all den Opfern rechter Gewalt angetan wurde. Daher sei es der Familie Genç besonders wichtig, nie aufhören zu erinnern – auch um die gesellschaftliche Veränderung weiter zu fördern.

Nach der Einweihung des Mevlüde-Genç-Platzes folgten ein Mahngang mit den rund 250 Gästen der Zeremonie über die Konrad-Adenauer-Straße und Kuller Straße zur Unteren Wernerstraße sowie eine Andacht. Ali Riza Yilmaz, Imam der Ditib-Gemeinde, und Dr. Ilka Werner, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK), luden die Teilnehmer zum Gebet ein – „jeden auf seine Weise, aber alle im selben Geist“, wie Werner betonte.

In diesem Rahmen wurde auch eine von der Jugendhilfewerkstatt gefertigte Stele eingeweiht. Sie zeigt die Gesichter der fünf Familienmitglieder, die am 29. Mai 1993 bei dem Brandanschlag ums Leben gekommen waren, sowie eine Applikation des Hauses, das einst an diesem Platz gestanden hatte. Heute erinnern dort fünf Kastanien an die Opfer. An einem Zaun befestigten Besucher der Andacht rote Nelken.

Am Pfingstmontag ging das Gedenken an selber Stelle weiter – erneut mit einer rund einstündigen Andacht der Ditib-Gemeinde und der Angehörigen der Familie Genç. Der stellvertretende türkische Außenminister Yasin Ekrem Serim und der türkische Botschafter in Berlin, Ahmet Basar Sen, besuchten zu diesem Anlass den Schauplatz des Brandanschlags – ebenso wie die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU). Blumengestecke lagen unterhalb der Stele, um die sich rund 150 Besucher scharten.

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