Frank Balkenhol 100 Prozent digitaler Gewerbestandort

Solingen · Das ehemalige Rasspe-Gelände in der Kohlfurth wird zu einem Zukunftsstandort entwickelt. Ein Interview mit Frank Balkenhol, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung.

 Frank Balkenhol, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung.

Frank Balkenhol, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung.

Foto: mak (archiv)

Auf dem ehemaligen Rasspe-Gelände in der Kohlfurth gehen die Schadstoffuntersuchungen weiter. Künftig, voraussichtlich im Laufe des Jahres 2018 oder aber ab 2019, wollen Sie dort innovative Unternehmen ansiedeln. Aus welcher Branche konkret sollen die kommen?

Balkenhol Die Grundidee ist zunächst wichtiger als eine bestimmte Branche. Wir werden hier keinen Paletten-Lagerstandort oder ein herkömmliches Gewerbegebiet entwickeln. Unsere Grundidee wird geprägt von der Tatsache, dass wir in einer Zeit leben, in der alles, was digitalisiert werden kann, auch digitalisiert werden wird. In der Industrie, bei den Dienstleistungen und vor allem auch bei der Mobilität. Hierfür brauchen wir einen Zukunftsstandort, an dem unsere Wirtschaft Lösungen entwickeln und anwenden kann. Eher also einen 100 Prozent digitalen Gewerbestandort. Hier soll sich unter anderem mit den Fragen zur neuen Mobilität beschäftigt werden, die wiederum auch stark mit der Automotive-Industrie aber auch dem ÖPNV verbunden sind.

Alles neue Firmen von auswärts oder haben schon in Solingen beheimatete Unternehmen an Ihre Tür geklopft, um nach Stöcken 17 umzuziehen?

Balkenhol Beides. Vor allem für das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude gibt es schon konkrete Mietanfragen. Aber: Wir revitalisieren hier mit viel Engagement und hohem finanziellem Einsatz einen Standort, der vor allem mit seinem zukünftigen Profil gezielt Firmen aus Solingen und von auswärts ansprechen wird. Im Moment ist der Standort aber noch gar nicht dafür hergerichtet, weshalb es für konkrete Benennungen noch zu früh ist.

100 Prozent digital lautet das Motto für das 6,5 Hektar große Gelände. Was meinen Sie damit?

Balkenhol Nun, das geht in zwei Richtungen. Eine Voraussetzung ist die notwendige Glasfaserversorgung an diesem Standort. Diese ist für die Zukunft sichergestellt. Zum anderen streben wir wie geschildert an, dass sich dort insbesondere Firmen ansiedeln sollen, die sich auch unter wirtschaftlichen Aspekten mit dem Thema der Digitalisierung auseinandersetzen wollen. Unser Oberbürgermeister spricht daher von einem bergischen Silicon Valley. Das zeigt doch recht anschaulich die Richtung auf.

Wie viele Arbeitsplätze könnten in Stöcken entstehen?

Balkenhol Hier könnte ich jetzt einfach existierende Vergleichszahlen aus bestehenden Gewerbegebieten nennen. Wichtiger ist für uns aber die Frage, welche Arbeitsplätze dort entstehen können. Bei dem erläuterten Themenfokus ist davon auszugehen, dass eher mehr und auch gut qualifizierte Arbeitsplätze als durchschnittlich entstehen sollen.

2016 hat die Stadt Solingen ein Brachflächenkataster aufgestellt. Wie viele alte Flächen könnten noch aktiviert werden?

Balkenhol Das Brachflächenkataster ist zwar erstellt, es befindet sich aber zurzeit noch in der qualifizierten Bewertung der einzelnen Standorte. Das heißt: Wir prüfen jetzt genauer, welche Standorte, mit welchem Aufwand und welchen Nutzungsmöglichkeiten entwickelt werden könnten. Wir als Wirtschaftsförderung investieren in diesem Prozess bewusst erhebliche Ressourcen, um hier neue Potenziale für reaktivierbare Gewerbeflächen heben zu können.

In der Größenordnung von Rasspe ist aber wohl keine Gewerbe- beziehungsweise Industriefläche dabei, oder?

Balkenhol Stöcken 17 ist sicherlich mit Abstand die größte entsprechende Fläche. Auch wenn es nicht im städtischen Besitz ist, so ist aber zum Beispiel auch das Grossmann-Gelände mit seinen mehr als 40.000 Quadratmetern von erheblicher Größenordnung und Bedeutung.

NRW-Umweltminister Johannes Remmel würde sich wünschen, wenn möglichst wenig neue Flächen in Anspruch genommen werden, zumal es sich hier um eine endliche Ressource handelt. Pflichten Sie ihm bei?

Balkenhol Voll und ganz. Wir haben als Wirtschaftsförderung bereits vor mehr als drei Jahren den Schalter umgelegt und haben uns unter anderem mit dem Erwerb des Rasspe-Geländes oder den Flächen auf der Monhofer Straße strategisch deutlich auch in diese Richtung bewegt. Das "alte Bild" einer Wirtschaftsförderung, welche nur nach freien Flächen Ausschau hält, sollte daher so langsam auch aus den Köpfen verschwinden. Der Minister ist ja nicht wahllos zu unserem Gelände gekommen, sondern weil dieser Standort in NRW ein hervorragendes Beispiel dafür ist, wie sich Wirtschaftsförderung auch strategisch an die nicht einfache Aufgabe der komplexen Gewerbeflächen-Reaktivierung heran begibt.

Der Wirtschaftsstandort Solingen braucht über die Brachenentwicklung hinaus aber wohl dennoch weiter neue Flächen?

Balkenhol Entscheidend für den Standort ist doch, dass zunächst alle Solinger Unternehmen stets die Möglichkeit haben, an unserem Standort eine Alternative zu einem Wegzug aus Solingen zu haben. Hierfür müssen wir ein Angebot vorhalten, wofür es aller Voraussicht nach auch weiterhin neuer Flächen bedarf.

In welchem Umfang?

Balkenhol Zukünftig brauchen wir dann weniger neue Flächen als in der Vergangenheit, wenn die reaktivierten Flächen ausreichen. Und immer unter der Voraussetzung, dass klar ist, dass die Reaktivierung finanziell erheblich aufwendiger ist und auch finanziert werden soll und kann. Das die Reaktivierung bei ausreichendem Angebot langfristig nachhaltiger ist, liegt unter den genannten Voraussetzungen auf der Hand.

UWE VETTER FÜHRTE DAS GESPRÄCH MIT FRANK BALKENHOL.

(uwv)
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