Rommerskirchen Tagebuch notiert Zugunglück von 1930

Rommerskirchen · Für den Lokalhistoriker Paul-Rolf Essel ist der aus Anstel stammende "Zeitungsagent" Lorenz Simon (1859 bis 1940) eine wichtige Quelle zur Ortsgeschichte. Simons Aufzeichnungen beinhalten teilweise vergessene Geschehnisse.

 Dem Rommerskirchener Paul-Rolf Essel liegt die Ortsgeschichte am Herzen. Über den gebürtigen Ansteler Lorenz Simon stieß er jetzt auf interessante Details aus der Vergangenheit.

Dem Rommerskirchener Paul-Rolf Essel liegt die Ortsgeschichte am Herzen. Über den gebürtigen Ansteler Lorenz Simon stieß er jetzt auf interessante Details aus der Vergangenheit.

Foto: HANS JAZYK

Mit dem Eisenbahnunglück von Holzheim, bei dem 1937 19 Menschen starben, davon allein 18 aus Rommerskirchen, hat sich Lokalhistoriker Paul-Rolf Essel über Jahrzehnte hinweg beschäftigt. Vor knapp einem Jahr berichtete die NGZ über Archivforschungen Essels zu den damaligen Gerichtsverfahren, in denen die Schuldfrage geklärt werden sollte. Essel kam zu dem Schluss, dass es sich um menschliches Versagen und nicht um ein Attentat der Nazis auf einen Zug mit Kevelaer-Pilgern handelte.

Inzwischen ist der Eckumer auf einen weiteren schweren Eisenbahnunfall gestoßen. Der ereignete sich am 27. September 1930 kurz nach 15.20 Uhr und zwar in Rommerskirchen selbst: auf der Bahnlinie in Richtung Stommeln, etwa in Höhe des heutigen Mariannenparks. "Dieses Unglück ist selbst älteren Mitbürgern kaum bekannt", sagt Paul-Rolf Essel.

Er vermutet, dass dies daran liegt, dass es unter den 22 Verletzten keine Menschen aus Rommerskirchen gab. "Aus dem näheren Umfeld stammten lediglich drei Personen aus Niederaußem, eine aus Oberaußem", so Essel. Auf den Unfall gestoßen ist der Heimatforscher durch ein ihm in die Hände gefallenes, bislang weithin unbekanntes Tagebuch des Stommelner Zeitungsagenten Lorenz Simon. Der wurde 1859 in Anstel geboren. Nachdem er 1887 die gebürtige Stommelnerin Agnes Schumacher geheiratet hatte, zog der gelernte Schumachermeister mit ihr in deren Heimatort und ließ sich dort unterhalb der Mühle nieder.

Nebenberuflich war Simon zwischen 1919 und 1939 journalistisch tätig: Er schrieb für den Kölner Lokalanzeiger und die Rheinische Volkswacht. Doch auch in der Neuß-Grevenbroicher Zeitung sind Beiträge von Ludwig Simon erschienen: Am 29. September 1930 veröffentlichte die NGZ Simons im Kölnischen Anzeiger erschienenen Bericht über das Eisenbahnunglück. Simon äußerte sich darin auch zur Schuldfrage: Die ist ihm zufolge "darin zu suchen, dass dem Personenzuge von Rommerskirchen und der Lokomotive von Rheydt gleichzeitig das Abfahrtssignal gegeben worden ist". Bei der Bergung der Unfallopfer — Tote waren damals nicht zu beklagen — mussten "ganze Eisenteile an den Lokomotiven... auseinandergeschweißt werden", schrieb Simon. Die 22 Verletzten wurden in Krankenhäuser in Nettesheim, Bergheim, Grevenbroich und Stommeln gebracht.

Für Paul-Rolf Essel ist dieser Bericht ebenso wie das Tagebuch von Simon "ein weiterer Mosaikstein zur Abrundung und Ergänzung der Ortsgeschichte". Der im September 1940 verstorbene Lorenz Simon habe für den Historiker wichtige Querverweise gegeben. Einer führt zur Sanitätsgruppe eines Dr. Welter. Der ist als in Rommerskirchen und im ehemaligen Nettesheimer Krankenhaus praktizierender Arzt manch Älterem noch heute ein Begriff: Die damals nach ihm benannte Sanitätsgruppe war sowohl 1930 bei dem Unfall in Rommerskirchen als auch 1937 bei der Katastrophe in Holzheim im Einsatz.

(NGZ)
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