Rommerskirchen Student analysiert Aumüller-Chronik

Rommerskirchen · Martin Lambertz aus Eckum hat seine Bachelor-Arbeit über die Chronik des einstigen Pfarrers Aumüller geschrieben. Über den Historiker Elmar Gasten kam die Chronik auf abenteuerlichem Wege aus Polen nach Rommerskirchen.

Die Chronik des einstigen Rommerskirchener Pfarrers Christian Heinrich Aumüller (1807 bis 1892) hat der Geschichtskreis des Seniorennetzwerks 55 plus um Klaus Erdmann 2010 ihrem Archivdasein entrissen und erstmals einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Inzwischen ist sie auch zum Gegenstand der Wissenschaft geworden. Bei der Volkshochschule widmete sich jetzt der aus Eckum stammende Student Martin Lambertz der besonderen Bedeutung, die der Chronik für die Regionalgeschichte zukommt.

Martin Lambertz hat die erhalten gebliebenen Teile der Chronik nicht zuletzt mit Blick auf den Kulturkampf zwischen katholischer Kirche und preußischem Staat ausgewertet. Gleichwohl sei sie "ohne Frage auch für weitere Forschungsfelder interessant", urteilt Lambertz, der sich 2012 in seiner Bachelor-Arbeit mit der Chronik beschäftigte.

Ihm zufolge hat die Aumüller-Chronik "einen bei weitem noch nicht ausgeschöpften lokalhistorischen Wert, aber auch für die Erforschung des katholischen Antisemitismus könnte sie als Quelle dienen".

Was den Kulturkampf angeht, zeigt die Chronik den von 1873 bis 1892 in Rommerskirchen wirkenden Geistlichen als unbeugsamen Streiter für die römisch-katholische Sache im Kampf gegen liberale Bürger ebenso wie gegen protestantische und altkatholische Bestrebungen. Aber auch gegen "Aufweichungstendenzen" in den eigenen Reihen, wie etwa allzu preußenfreundliche Kirchenvorstandsmitglieder, hat Aumüller manchen Strauß ausgefochten und darüber Buch geführt.

Nicht minder interessant als die Chronik selbst ist die Geschichte ihrer durchaus abenteuerlichen Rückkehr nach Rommerskirchen. 1945 war sie von einem polnischen Zwangsarbeiter nach dem Bombenangriff vom 1. März mitgenommen worden und galt seither als verschollen. Mitte der 90er Jahre erhielt Elmar Gasten als Leiter des Gemeindearchivs einen ominösen Telefonanruf: "Uns wurde angeboten, die Chronik für einen Preis von 18 000 Mark nach damaliger Währung zu kaufen", erzählt Gasten. Angesichts von 180 erhaltenen Seiten wäre dies der stolze Preis von 100 Mark pro Seite gewesen.

Der promovierte Historiker Gasten hatte Anfang der 90er Jahre die örtlichen Pfarrarchive inventarisiert und kannte die Bedeutung der verschollenen Chronik. Eine Seite des Werks machte ihm der damalige Besitzer zugänglich, und Gasten kam schnell zu dem Schluss, dass es sich um die echte Chronik handeln müsse.

Beim Diözesanarchiv des Erzbistums Köln und anderen Stellen machte er sich kundig, wie in solchen Fällen zu verfahren sei und begann die Verhandlungen mit einem zunächst anonymen Gegenüber. Die hatten von Beginn an fast schon konspirative Züge: "Sogar über einen Austausch an einer Autobahnraststätte wurde gesprochen", erinnert sich Elmar Gasten. Letztlich ging das Geschäft in Düsseldorf über die Bühne: Dort lüftete ein ursprünglich aus Polen stammender Rentner sein bisheriges Inkognito und überließ Gasten die Chronik letztlich "für einen weitaus niedrigeren Preis als 18 000 Euro", wie er betont.

Nach der Heimkehr fristete die Chronik dann noch ein gut anderthalb Jahre währendes Archivdasein, ehe sie schließlich das Licht der Öffentlichkeit erblickte — ausgeschöpft ist ihr Inhalt jedoch noch lange nicht.

(NGZ/rl)
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